|
Die Geschichte des Teddybären Willy
geschrieben von Detlev Eisenack
Im Stadtwald von Bärenhausen hatten sich auf einer kleinen Lichtung alle Tiere des Waldes eingefunden und stritten nun lauthals darüber, was für eine Überraschung sie für ihren Freund, den kleinen Teddybären Willy vorbereiten können.
Willy lebte noch nicht lange im Wald und war sehr oft traurig, lag dann vor seiner kleinen Höhle, die ihm der Dachs überlassen hatte und schaute verträumt in den Himmel.
Er dachte an den Tag zurück, als seine Familie vor drei Wochen einen Picknicksausflug machte, diese kleine Lichtung entdeckte und sich zufrieden nieder ließ.
Teddybär Willy durfte auf diesen Ausflug natürlich nicht fehlen und er freute sich darüber, dass Ulrike ihn, mit ins Auto setzte, sich während der Fahrt mit ihm unterhielt und sogar ein großes Stück Kuchen sollte er bekommen.
Als endlich alles im Auto verstaut war, stiegen sie ein und der Wagen setzte, sich in Bewegung.
Willy schaute voller Ungeduld aus dem Fenster und war überglücklich.
Aber halt? Was ist das?
Auf dieser Strasse geht es doch nicht zum Stadtwald. Wo wollen wir denn hin? dachte Willy.
Kaum gedacht, hielt der Wagen auch schon an und alle stiegen aus, auch Ulrike. Nur Willy blieb allein im Wagen zurück und fragte sich, warum sie ihm nicht mitnahmen.
Sein kleines Teddyherz pochte schnell und laut. Wenn er weinen könnte und Tränen hätte, würden sie jetzt über sein kleines kuscheliges Gesicht laufen.
Aber er war ja nur ein Teddybär und keiner ahnte, wie viel Leben in ihm war, dass er alles verstand, fühlen und leiden konnte.
Wo sind sie denn hin? Wann kommen sie wieder? Willy fühlte sich so allein im verschlossenen Wagen und wünschte sich laufen zu können, um ihnen hinterher zu gehen.
Es war ungefähr eine Stunde vergangen, da sah er sie kommen.
Mit lachenden, glücklichen Gesichtern und er dachte. Au, ja, jetzt ist alles gut. Die Fahrt geht weiter und es wird ein wunderschöner Tag.
Plötzlich zuckte es durch seinen kleinen Teddykörper und ihm wurde bewusst, dass nichts mehr so werden kann, wie es bisher war.
Ulrike hatte ein kleines Etwas auf den Armen und als die Wagentür aufgemacht wurde, erkannte Willy einen kleinen Hund.
Der bellte, knurrte und kam ihm gefährlich nah.
Ulrike sprach Willy plötzlich an und sagte.
Schau Willy, hier ist ein neuer Freund und Spielkamerad für uns. Von wegen Freund, dachte Willy und er spürte die Eifersucht, die kalt und schaurig in ihm hoch kroch, wie eine giftige Schlange und seine Holzwolle zum erstarren brachte.
Ulrike behielt dieses lebende Wollbündel auf dem Arm und Willi war bald vergessen. Während der ganzen restlichen Fahrt, wurde er nicht mehr beachtet und lag traurig neben seiner einst besten Freundin auf dem Rücksitz.
Er wollte schreien, aber es ging ja nicht, denn keiner aus der Menschenwelt würde ihn verstehen oder hören.
Angekommen im Stadtwald, hielt das Auto an und es wurde ausgepackt. Ulrike war mit dem kleinen Hund beschäftigt, der Willy, am liebsten ins Bein beißen wollte.
Pfui rief Ulrike, nahm Willy auf den Arm und er freute sich über den Schutz, der ihm zuteil wurde.
Vielleicht wird ja doch noch alles gut.
Ulrikes Mutter breitete auf der kleinen Wiese eine Decke aus und der Picknickkorb wurde geleert.
Kuchen, Fleisch, Obst, Limonade und Wein bildeten ein wahres Festessen und alle, mittlerweile hungrig geworden, aßen voller Genuss. Auch dieses Knäuel auf vier Pfoten bekam seinen Teil.
Nur Willy wartete vergebens auf das Stück Kuchen,
dass ihm versprochen wurde. Wieder fühlte er dieses kalte Etwas in seinem Körper und es war, als zitterten ihm die teils abgeliebten Ohren.
Nach dem Essen, legten sich Ulrikes Eltern auf die ausgebreitete flauschige Decke und blinzelten zufrieden in die Nachmittagssonne.
Schäfchenwolken zählend, schliefen sie ein.
Ulrike tollte mit diesem Biest herum und Willy blieb wieder einmal einsam und traurig im Gras liegend zurück.
Die Sonne war ein großes Stück gewandert und die Schatten wurden länger, da machten sich alle zum Aufbruch bereit. Alles wurde verstaut, der Abfall sorgfältig verpackt und da geschah es, sie steigen ein und Ulrikes Vater startet den Wagen.
Halt, rief Willy!
Ich liege noch hier im Gras, nehmt mich doch mit! Ihr könnt mich doch nicht einfach hier liegen lassen.
Keiner hörte ihn, alles rufen war vergebens.
Sie fuhren fort und Willy blieb im Gras liegend zurück.
Vergessen wegen eines Hundes.
Willy ahnte noch nicht, dass unzählige Augenpaare auf ihm gerichtet waren. Die Tiere des Stadtwaldes, hatten alles, im Schutze der Sträucher beobachtet und tuschelten leise miteinander, was sie tun sollten.
Der Dachs war der erste, der sich Willy näherte und sprach. Sei nicht traurig kleiner Teddy. Willy erschrak, erstarrte fast. Wer sprach ihn denn da an?
Er schaute in die Richtung, aus der er die Stimme vernommen hatte und sah ein Wesen, dass ihm fremd war.
Wieso verstehe ich seine Worte dachte Willy, da sprach der Dachs auch schon weiter. Ich bin der Dachs Paul und das sind meine Freunde. Willi sah mit seinen kleinen Knopfaugen viele, ihm unbekannte Tiere auf sich zu kommen und wusste nicht, ob er Angst haben sollte, oder sich darüber freute, nicht allein zu sein.
Paul sagte, wir wissen, dass du Willy heißt und haben gesehen, wie du vergessen wurdest, denn wir können dich hören und verstehen. Sei also nicht traurig, du hast jetzt viele neue Freunde, die dir helfen werden.
Ich gebe dir eine kleine Höhle von mir,
in der kannst du wohnen.
Alle jubelten und klatschten mit den Pfoten, Hufen oder Flügeln vor Freude. Einer nach dem anderen kam auf Willy zu und stellte sich vor.
Nun wusste er, wem er alles begegnet ist. Da war der Hase Meister Wolle, der Igel Max, das Rehkitz Lotte, dessen Eltern und alle anderen Bewohner des Stadtwaldes.
Paul beugte sich über Willy und sprach mit sanfter, ruhiger Stimme.
Kleiner Willy.
Du sollst leben wie wir,
dich bewegen wie wir und mit uns laufen, spielen, lachen und weinen.
Uns ein richtiger Freund sein.
Wir Tiere hier im Wald, haben es oft schwer,
denn die Menschen beanspruchen sehr, sehr viel.
Sie nehmen uns den Lebensraum und so kam es, dass wir uns alle, auch die, die sich einst nicht gut waren,
in der Not zusammen schlossen und Freunde wurden.
Im Grunde genommen, sind wir nicht anders als du.
Vergessene Teddybären!
|
|
80x
|
|