Viele Arbeitnehmer sind erst einmal schockiert: Warum ausgerechnet ich ? Niemand steckt eine Kündigung so ohne Weiteres weg. Aber gerade das nutzen manche Arbeitgeber aus: Sie spekulieren auf den lähmenden Effekt und die „Schockstarre“ bei einem gegebenenfalls auch unvermittelten Rauswurf. Wenn der Arbeitnehmer jetzt nicht schnell tätig wird, hat er schon verloren. Dass eine Kündigung nur innerhalb von drei Wochen gerichtlich angegriffen werden kann, weil das Gesetz sonst davon ausgeht, dass die Kündigung sonst als „von Anfang an wirksam“ gilt, ist mittlerweile schon vielen bekannt, die zum Anwalt kommen. Das Kündigungsschutzgesetz sieht dies so vor. Noch nicht überall bekannt ist aber, dass sich dies auf fast alle Unwirksamkeitsgründe bezieht, also auch solche außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes, zum Beispiel eine fehlende Betriebsratsanhörung oder die fehlende Zustimmung einer Behörde. Ausnahmen hiervon gibt es kaum: So soll die fehlende Schriftform einer Kündigung auch noch nach Ablauf der Dreiwochenfrist gerügt werden können. Außerdem soll man auch später noch geltend machen können, dass der Arbeitgeber eine Kündigungsfrist zu kurz bemessen hat. Aber wer hat dieses Wissen im Kündigungsfall schon immer parat ? Darum sollte sich immer ein fachkundiger Anwalt kümmern. Fachanwälte für Arbeitsrecht verfügen über eine besonders gute Berufserfahrung, weil sie diese Bezeichnung überhaupt nur führen dürfen, wenn sie schon eine Vielzahl von Fällen bearbeitet und sich in intensiven Lehrgängen geschult haben. Sie müssen sich auch ständig fortbilden. Der Arbeitnehmer sollte immer sofort einen Anwalt einschalten, der dann immer auch umgehend die Formalien der Kündigung prüfen muss. Ist die Kündigung unterschrieben ? Wer hat unterschrieben und war derjenige überhaupt berechtigt, eine solche Erklärung abzugeben ? Ein Beispiel: Der Arbeitgeber betreibt eine Firma in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die aus zwei Gesellschaftern besteht. Der Arbeitnehmer erhält eine schriftliche Kündigung mit folgenden Worten: „Lieber Mitarbeiter, ich kündige hiermit Dein Arbeitsverhältnis zum 30.10. Viele Grüße Dein Hans Müller“. Das Landesarbeitsgericht Hannover entschied in einem vergleichbaren Fall völlig richtig, dass die Kündigung unwirksam war. Der andere Gesellschafter habe nämlich die Kündigung nicht unterschrieben. Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts müssen aber alle Gesellschafter unterschreiben (Urteil vom 11.12.2009, gerichtliches Aktenzeichen: 10 Sa 594/09). Es gebe zwar Fälle, in denen ein Gesellschafter erkennbar auch für die anderen Gesellschafter handle, dies gehe aber aus dem Schreiben nicht eindeutig hervor. Unter Umständen muss sogar sofort beim Arbeitgeber reklamiert werden, wenn man sich auf Fehler bei der Unterschrift berufen will. Der Anwalt wird aber auch wissen wollen, wann genau der Arbeitnehmer die Kündigung – oder vielleicht auch mehrere Kündigungsschreiben - erhalten hat. Der Anwalt überwacht dann auch die Einhaltung von Fristen. Das kann er aber nur, wenn er überhaupt weiß, ab wann die Fristen berechnet werden müssen. Der Arbeitnehmer sollte sich also merken, wann ihm die Kündigung übergeben wurde oder wann er sie im Briefkasten aufgefunden hat, weil der Zugangszeitpunkt für viele Fragen im Zusammenhang mit der Kündigung wichtig ist. Übrigens ist der Arbeitnehmer weder verpflichtet, den Empfang eines Kündigungsschreibens zu bestätigen, noch muss er sich mit der Kündigung „einverstanden“ erklären. Die Kündigung ist nämlich eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer muss also gar nichts tun und sollte auch auf keinen Fall etwas unterschreiben, ohne vorher mit einem Anwalt gesprochen zu haben. Er kann aber andererseits den Zugang auch nicht verhindern, wenn der Arbeitgeber ihm ein Schreiben mit einer Kündigung in die Hand drückt oder auch nur auf seinen Schreibtisch legt. Es nützt leider nichts, das Schreiben zu zerreißen, wegzuwerfen oder nicht zu lesen. Im Zweifel ist es doch zugegangen, dann tut anwaltlicher Rat not. Keinesfalls sollte man wahrheitswidrig behaupten, dass man gar kein Schreiben erhalten hat. Der Arbeitgeber kann möglicherweise das Gegenteil beweisen, und dann droht einem im Prozess sogar eine Strafanzeige wegen Prozessbetrugs. Dr. Bert Howald Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Gaßmann & Seidel Anwaltskanzlei
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