Euro-Problematik und die Grenzen des Versorgungsdenkens bei den Sozialausgaben
Von Günter Steffen, Lemwerder
Wir hatten bisher keine Euro-Krise, sondern eine Staatsschuldenkrise, die zu einer Bankenkrise letztlich führte. Nach den neuesten Beschlüssen der EZB wegen der Freigabe des Ankaufs von Staatsanleihen kann es aber nun auch zu einer Krise des Euro, mit den Auswirkungen von Inflation und Arbeitslosigkeit, kommen.
Der Finanzsektor hat nicht freiwillig die heutigen Probleme, sondern weil die Staaten die Banken gezwungen haben, Staatsanleihen zu kaufen, mit dem Ergebnis, sich noch mehr zu verschulden. Bevor nicht einvernehmliche EU-Bedingungen in einem Regelwerk vereinbart sind, darf es doch wohl keine Haftungsgemeinschaft geben. Ich bin mir nicht sicher, ob das grüne Licht dafür von Frau Dr. Merkel im Einvernehmen mir ihrem Finanzminister, nicht längst im Rat der EU gegeben worden ist.
Die Steuereinnahmen in Deutschland sprudelten wie noch nie, trotzdem wurden immer weiter Milliarden Schulden gemacht. Bei uns und in allen Ländern der Euro-Zone muss endlich eine solide Haushaltspolitik einziehen.
Wir brauchen eine ordnungsgemäße Ausgabenkontrolle überall in der Euro-Zone.
Gemeinsame Regeln kommen vor gemeinsamer Haftung der Schulden. Regelbrüche müssten dann aber auch tatsächlich bestraft werden. Es ist zu bezweifeln, ob dafür eine Einvernehmlichkeit von den Staaten hergestellt werden kann.
Die Auffassungen der Praktizierung einer antizyklischen Finanzpolitik verfügt nicht nur über hohe Zustimmungen im Volk in Südeuropa , sondern auch neuerdings in Frankreich und sicher bis zu 50% bei den Abgeordneten im Deutschen Bundestag. Da im Herbst 2013 eine neue Bundesregierung gebildet wird, ist nicht auszuschließen, dass sich derartige Mehrheiten in Regierungspolitik (höhere Steuern und Mehrausgaben für weitere soziale Ansprüche) finden werden. Mit einem Slogan im Wahlkampf “Keine weiteren Schulden” kann scheinbar unser Wahlvolk nichts mehr anfangen. Wenn es so bleibt, ist es der Anfang vom Ende eines Wohlfahrtsstaates.
Vor 25 Jahren häufte die Bundesrepublik die ersten
100 Milliarden Euro Schulden an, vor 20 Jahren die zweiten 100 Milliarden, vor 17 Jahren die dritten 100 Milliarden Euro, in den 90er Jahren reichte ein Jahr, um weitere 100 Milliarden Euro aufzutürmen, zur Zeit ist diese Zeitspanne auf wenige Monate verkürzt worden. Ein Großteil der Sozialleistungen verschlingen unsere Staatseinnahmen. In dem nächsten Jahrzehnt dürften die Alters- und Gesundheitsausgaben steil ansteigen, weil die Bevölkerung immer älter wird. Es ist also absehbar, dass unsere Sozialsysteme irgendwann kollabieren.
Die gegenwärtige Politik zielt leider in vielen Ländern immer noch darauf, das Schuldenproblem durch noch mehr Schulden zu lösen.
Nicht nur in Deutschland, auch in Frankreich, Italien, Spanien usw. steht das Versorgungsdenken oben an.
Wer glaubt, dass die Euro-Länder an knallharte Reformen vorbeikommen, ist für mich ein politischer Träumer. Im linken politischen Spektrum unseres Landes, wobei auch große Kreise in der CDU dazu gehören, und die in den Nachbarländern, glauben, dass die Sanierung der Staatshaushalte auf die lange Bank zu schieben ist. Welch ein fataler Irrtum, der schlimme Folgen für die Wirtschaft und Bevölkerung haben wird.
Die neueste Forderung der Bundesarbeitsministerin Frau von der Leyen ist die, bereits im Herbst d.J. die Weichen für Mindestrenten von 850 Euro monatlich zu Lasten der heutigen Beitragszahler und der gegenwärtigen Rentner zu stellen. Es ist zu befürchten, dass die Ministerin, von der Sache her, große Sympathien dafür in Teilen des Deutschen Bundestages erwarten darf, aber auch diebezüglich die Sympathien in unserer auseinanderdriftenden Gesellschaft erfährt.
Das Rentenrecht ist doch überhaupt nur noch in Zukunft auf der Basis der letzten Reform durchführbar und auch dann nur, wenn alle Berufstätigen, also einschließlich Neuanfänger in der Beamtenschaft und auch keine neuen Mitgliedschaften mehr in den berufsständischen Versorgungswerken, begonnen werden dürfen. Die Pflichtberentung mit dem 67. Lebensjahr sollte jedoch aufgegeben werden. Derartige Freiheiten im persönlichen Raum stehen einer demokratischen Werteordnung gut zu Gesicht.
Günter Steffen, Lemwerder, September 2012
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