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Zitat eines Link von Gunter Jost:
"Blumen sind an jedem Weg zu finden, doch nicht jeder weiß den Kranz zu binden....«
Lieber Gunter,
eine kleine Story mag ich für Dich schreiben, zwar keine lustige, aber ganz persönlich für Dich und zu diesem (s.o.) Link passend, den alle bei Dir in der vielseitigen Liste Deiner Links, in denen auch ich so gerne stöbere, auffinden können.
Also, die kleine wahre Geschichte von mir, exklusiv für Dich:
Meine Kindheit erlebte ich im Elternhaus und meinem Heimatort, unweit der Sachsenmetropole Leipzig, jedoch ländlich gelegen, nahe dem Autobahnkreuz Schkeuditz und dem damals so bezeichneten »Messeflughafen Schkeuditz-Leipzig« (DDR).
Ab meinem zwölften Lebensjahr ging ich sehr gern zu Fuß über Land. Meine Eltern, deren Spätkind ich war, hatten nichts dagegen. Zu jeder Zeit war ich ohnehin ein Menschenkind, das eigene Wege ging, sich kaum halten ließ, wenn Neugier und Tatendrang befriedigt sein wollten. Doch meine beiden lieben Eltern investierten auch Vertrauen in mich, was sich bereits ab meinem zwölften Lebensjahr auch für sie auszahlte: Beide, selbst nicht mehr jung, konnten sich ab dieser Zeit schon auf mich verlassen. Ich hatte an ihrer Seite gut gelernt, auf mich zu achten, ehrlich zu sein und auch kritisch.
Also durfte ich auf meinen Wunsch, individuelle Fußwege über die Ortsgrenzen ausdehnen zu wollen, diese Unternehmung einmal pro Woche für mich planen. Ich hatte stets anzusagen, wohin ich gehen würde und dies auch einzuhalten. Zuhause wartete mindestens meine Mutter auf meine ungefähr geplante Rückkehr.
Damals, in der DDR, war die offizielle Umwelt wenigstens in unser aller Wahrnehmung doch etwas sicherer als heutige Zeiten es sind.
Ich möchte betonen dass, was ich nun schreibe, heute nicht zur Nachahmung empfohlen werden kann, weder Eltern noch Kindern!
Ging ich also über Land, dann nur geplante, angekündigte bzw. zuhause ordentlich verabredete Strecken und auch immer nur eine Richtung zu Fuß. Für jeden Rückweg nahm ich ganz gerne für 60 Pfennig den Bus :-)
Mein Ziel lag stets rund zehn Kilometer von meinem Heimatort entfernt und hieß »Stadt Schkeuditz«. Ich wanderte vom Frühjahr bis zum Herbst eines jeden Jahres. Erst in der Pubertät wurde ich bequem und nutzte mein Fahrrad.
In den grünen Jahreszeiten kam ich auf den Landstraßen an ausgedehnten Agrarflächen der sozialistischen Landwirtschaft vorüber, innerorts an Gärten, Wohnhäusern und öffentlichen Einrichtungen. Ich grüßte die Leute, welche mich mit der Zeit schon kannten und sprach im Gehen auch gern mal mit Tieren: dem fliehenden Hasen, dem kreisenden Bussard. Mich erfreuten die Pflanzen, vor allem blühende an den Wegrändern.
Dort standen sie alle in bunter Vielfalt: Kornblumen, rote Klatschmohn, echte Kamille, Scharfgarbe, Wegeriche und viele mehr. Manchen bunten Wegrandstrauß brachte ich meiner Mutter mit nach Hause, die sich immer freute und der ich reichlich erzählen durfte von meinen Ausflugserlebnissen.
Eines Tages begann in dieser Zeit die Ära des Agrarfliegers. Flugzeuge wurden plötzlich in der Landwirtschaft eingesetzt, die Großfelder optimal zu düngen mit chemischen Keulen.
Für mich wanderte es sich fortan an einigen Frühlingstagen nicht mehr so gut. Dann stand ich zuhause traurig am Fenster und sah die »Düngerhummeln« weite Kreise ziehen über den Landflächen, unter sich fast beständig ablassend einen dicken, weißlichen Flor Chemie.
Wanderte ich wieder, konnte ich dann auf allen von mir so geliebten Pflanzen an den Wegesrändern weißen Staub ausmachen, fühlen und ihnen abschütteln, falls noch kein Regen darauf gefallen war. Dann wurden es bis zum Ende meiner Schulzeit immer weniger Blumen, die an Wegrändern blühten. Ich sah fast überall nur noch Gräser, mit gefährlichem Staub bedeckt und das Wandern machte mir keinen Spaß mehr.
Mit sechszehn Jahren verließ zwecks Lehrausbildung in einem Internat auf eigenen Wunsch ziemlich zeitig mein gutes Elternhaus. Es war eine Sehnsucht und Suche nach eigener Selbständigkeit. Sicher fiel meinen Eltern schwer, das zu verstehen. Doch wie vorher bei meinen Geschwistern, entsprachen sie auch meinen Wünschen und Vorstellungen, die sie mit mir besprochen, durchdacht und dann auch geplant hatten.
Kam ich für kurze Aufenthalte in meinen Heimatort zurück, nahm ich stets weiterhin diese graue Tristheit in der Natur wahr, deren Erinnerung nicht von meiner Seele weichen wollte. Zum Glück, so dachte ich damals, führte mein gesamter Lebensweg in eine andere Richtung. Ich vermied meinen Heimatort bis auf die regelmäßigen Besuche bei meinen Eltern, aber ich verbrachte meine Aufenthaltszeiten lieber bei/ mit ihnen und im Garten.
Dann kam die Wende und auch in Glesien für den Agrarflieger das Ende. Doch ich erlebte diese Nachrichten aus weiter Ferne.
Erst Jahre später kehrte ich, aufnahmefähig für Land und Leute, in meinen Heimatort zurück. Freilich, auch nur zu Besuchszwecken, doch anders orientiert auf diese Heimat, die nun zu Gesamtdeutschland gehört.
Beim zweiten Besuch, so ungefähr ab 1994 konnte ich ausmachen, dass an Wegrändern einzelne Wildblumen begannen, sich wieder anzusiedeln. Diese Wahrnehmung brachte zunächst traurige Erinnerungen in mir hoch, bevor ich begann, mich meiner schönen Kindertage zu besinnen, aus denen ich sie alle noch kannte: Kornblumen, rote Klatschmohn, echte Kamille, Scharfgarbe, Wegeriche und viele mehr.
Für Gunter Jost geschrieben am 03.07.2009 SKB
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