|
Die große Lüge: Der Wettbewerb ist fair
Unter einem Wettbewerb versteht man im Allgemeinen einen Kampf unter gleichen Bedingungen für die Teilnehmer, also 100m Läufer gegen 100m Läufer, Boxer in der gleichen Gewichtsklasse und Kanuten gegen Kanuten - aber nicht, Kanu gegen Ruderboot. Egal, ob es sich um einen Musik-, Architektur-, Sport- oder sonstigen Wettbewerb handelt, die Verlierer haben, wenn sie teilnehmen, diesen einen Leistungsvergleich verloren und können das nächste Mal wieder neu starten und bei entsprechender Leistungssteigerung sogar Sieger werden.
Diese Feststellung trifft aber für die Wirtschaft nicht zu. Im Gegenteil, mit diesem Begriff werden die tatsächlichen Marktbedingungen total verharmlost. All jene, die nicht darüber nachdenken, leben in dem Glauben, der Wettbewerb ist zwar hart aber nicht unfair, weil sie die langfristigen und subtilen Ziele vieler Konkurrenten nicht erkennen. Da aber sowohl in der Literatur als auch in Seminaren und in Vorträgen der Begriff „Konkurrenz“ verpönt ist, wird durch die dauernde Penetration des Wortes „Wettbewerb“ eine Situation dargestellt, die mit der Realität gar nichts zu tun hat.
Das Instrument, mit dem der Konkurrenzkampf ausgetragen wird, ist das Marketing. Im Marketing werden die „Strategie“, die „Taktik“ und die „operativen Maßnahmen“ erarbeitet und festgelegt. Begriffe, die das Militär im Krieg verwendet. Die Verantwortlichen in den großen Unternehmen wissen das und setzen dieses Instrument gezielt zur Vernichtung ihrer Wettbewerber ein. Sie planen langfristig, weil sie wissen, dass man nur so erfolgreich die Zukunft gestaltet. Sie wissen auch, Marketing ist Krieg ohne Frieden, (siehe gleichnamiger Buchtitel). Ist ein Wettbewerber oder gar eine ganze Branche ausgeschaltet, wird das nächste Ziel avisiert.
Schaut man in verschiedene Nachschlagewerke, fällt auf, dass dieser Begriff von Wirtschaftlern konkret in dieser Form interpretiert wird. Die Definitionen von Wettbewerb (Konkurrenz) reichen von schöpferischer Zerstörung, über Kampf um den Kunden, bis zur Zielsetzung, den oder die Wettbewerber in wirtschaftliche Schwierigkeiten –bis zur Insolvenz- zu bringen.
Lassen sie mich das an einem Beispiel darstellen, das sie alle kennen:
Die Bau- und Heimwerkermärkte
Als die ersten Bau- und Heimwerkermärkte entstanden, waren es ursprünglich fast ausschließlich private Unternehmer. Sie hatten die Idee, das Angebot der alten Eisenwarengeschäfte und Baustoffhandlungen um Elektroartikel, Sanitärbedarf, Farben und Malerartikel zu erweitern. Die Idee erwies sich als Erfolg und das Angebot erweiterte sich systematisch. Einbauelemente, Baumaterialien, Latten und Platten einschl. Zuschnitt waren der nächste Schritt.
Große, kapitalstarke Unternehmen sahen die positive Entwicklung dieser Einzelhandelsform und begannen dieses Segment mit eigenen „Ketten“ zu besetzen. Eine relativ kurze Zeit gab es einen mehr oder weniger gleichen „Wettbewerb“ zwischen den privaten Unternehmern und den Märkten der Ketten.
Aber mit jedem neuen Markt, den ein Großanbieter errichtete, wuchs die marktbeherrschende Situation gegenüber den Lieferanten. Es begann das klassische Preisdumping gegen die Einzelbetriebe. Diese standen auf verlorenem Posten, wenn sie sich nicht einer Einkaufsgenossenschaft oder einem Franchisingsystem anschlossen.
Nachdem sich die Ketten etabliert hatten und den Markt beherrschten, begann die Konsolidierungsphase. Das Angebot wurde systematisch erweitert. Tier- und Zooartikel, Blumen und Pflanzen wurden im Sortiment aufgenommen, um zusätzliche Kunden zu gewinnen. Nachdem sich insbesondere die Sortimentserweiterung in Richtung Pflanzen und Gartenzubehör als richtig herausstellte, wurden Gartencenter angegliedert, die immer größer wurden.
Nachdem die Angebotspalette mehr oder weniger ausgereizt war, entwickelten sich zwei Entwicklungslinien, die sowohl einzeln als auch gemeinsam eingesetzt wurden.
Verbesserung der Beratung und des Services
Diversifizierung und Einbruch in neue (Dienstleistungs-) Felder
Zu 1.
Um den Fachgeschäften weitere Kunden abzunehmen, wurden Fachverkäufer der einzelnen Branchen/Gewerke eingestellt, damit die Kunden qualifiziert beraten werden können. Eine weitere Verfeinerung dieser Beratungs- und Serviceleistungen ist der Einsatz von Handwerkern, die als Verkäufer umgeschult werden. Mit diesem Schritt wird zum Teil das Beratungsniveau der Fachgeschäfte überboten, weil man nun den Heimwerker aufgaben- und problembezogen beraten und noch zusätzlich Tips für die Durchführung der Arbeit geben kann.
Zu 2.
Der vorläufig letzte Schritt ist die Diversifizierung und der Einbruch in neue (Dienstleistungs-) Felder. Gemeint ist die Vermittlung von Handwerkern, für die Montage gelieferter Elemente und Teile durch ortansässige Heimwerker, bis zur kompletten 3-D Planung und Montage von Küchen. Soweit das Beispiel.
Wer glaubt, damit sei das Ende der wuchernden Ausweitung erreicht, irrt. Denken sie selbst einmal intensiv darüber nach, was ein derartiger Anbieter noch alles entwickeln und anbieten kann. Geben sie sich auf gar keinen Fall dem Glauben hin, dass ihre Branche verschont bleibt, oder wollen sie ausschließen, dass eines Tages im Baumarkt Shop-in-Shop Läden von Dachdeckern, Architekten, Raumausstattern, Bauunternehmen und, und, und auftauchen, die in Verbindung mit dem Baumarkt „Alles aus einer Hand“ anbieten?
|
|
14x
|
|