Strafverteidiger im Yasni Exposé von Martin Stirnweiß

Besucher
(6723 seit 26.06.2009)

Person-Info

149
Land: Deutschland, Sprache: Deutsch
Ich biete: Strafverteidigung, konstruktive Auseinandersetzung im Sinne von: "Im Kampfe sollst du dein Recht finden." [Rudolf von Ihering in Kampf um's Recht], Freiheit, Gerechtigkeit, Teamarbeit, Stuttgart, Weinberg
Martin Stirnweiß @ Kanzlei Stirnweiss, Stege & Coll., Stuttgart

21 Bilder von Martin

Bilder werden geladen...
1 - 9 von 21
Martin Stirnweiß - Martin Stirnweiss
Feb 17  +
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
Sept 16  +
Martin Stirnweiß - Rechtsanwalt Martin Stirnweiß aus 70619 Stuttgart - Anwaltskanzlei ...
Mrz 14  +
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
Feb 13  +
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
Feb 13  +
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
Okt 12  +
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
Okt 12  +
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
Okt 12  +
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
Okt 12  +

201 Informationen zu Martin Stirnweiß

"Kampf um's Recht" ... ??!! ...

...  ein Ausspruch, ein Zitat, welches neu bei mir in der Personen-Info von mir eingefügt wurde. Nun ist dieses Zitat, wir werden es unten sehen, nicht gerade der neueste Schrei. Er wird im juristischen Bereich auch oft verwandt, meist aber ohne ein Hintergrundwissen des Zitierenden, um was es hier eigentlich geht. Lange bin ich deshalb davor zurückgeschreckt, diesen Leitsatz, den man auch in ein Motto ummünzen kann, welches nachstehend in Fettdruck folgt, für mich zu verwenden, obwohl er schon früh eine Faszination auf mich in meiner Arbeit als Strafverteidiger ausgeübt hat.Zunächst einmal, wo kommt das Ganze her: Rudolf von Ihering, Achtzehnte Auflage, Kampf um's Recht MOTTO: Im Kampfe sollst du dein Recht finden. Wien 1913, Manzsche k. n. k. Hof-Verlags- und Universitäts-Buchhandlung. Basierend auf Jherings Vortrag in der Juristischen Gesellschaft zu Wien, dokumentiert in Heft Nr. 3 der Juristischen Blätter aus dem Jahre 1872. „... Das Preisgeben eines verletzten Rechtes ist in meinen Augen ein Act der Feigheit, der, wenn er nicht durch die Einrichtungen des Staates zur Notwendigkeit gemacht wird, der Person zur Unehre und dem Gemeinwesen zum höchsten Schaden gereicht Der Kampf für das Recht ist ein Act der ethischen Selbsterhaltung, ist eine Pflicht gegen sich und gegen die Gemeinschaft. ....“   Im »Kampf um's Recht« kommen im Substrat letztlich diese drei wesentlichen Sentenzen zum Ausdruck: — der Kampf um das subjektive Recht ist auch Dienst an der Rechtsgemeinschaft und den Rechtsgenossen im Ganzen: „Jeder einzelne ist für seine beschränkte Sphäre Wächter und Vollstrecker des Gesetzes“; — der Kampf ums Recht ist ein in, im weitesten Sinne zu verstehender prozessualer Form ausgedrückter Kampf der Interessengegensätze; — dieser Kampf muss vom Rechtsgefühl getragen sein: „Für die politische Pädagogik ist es eine ihrer ersten Aufgaben, das Rechtsgefühl im Privatrecht zu stärken, und daraus geht die moralische Kraft hervor, später die Geschicke des Staates zu bestimmen. Jherings Thema, das vor fast 145 Jahren Wissenschaftler und Laien bewegt hatte, brennt so auch heute noch unter den Nägeln: Die Studie legitimiert die nach dem Rechte Strebenden und die um ihr Recht mit legalen Mitteln Kämpfenden. Eine wichtige Botschaft und Intellektuelle Anregung, in Zeiten, in denen wir momentan zwischen den Polen, oft bis zur Unkenntlichkeit überzogener Politischer Korrektheit und grobianischem Hau-Drauf-Trumpianismus bewegen. Oft irrlichternd wie die in der Wilhelma (Zoologischer Garten in Stuttgart) zu beobachtenden Ausschläge der elektrischen Absonderungen des Zitteraals. Dieses Phänomen führt dazu, dass wir in der Strafverteidigung, kaum wird das klare Wort erhoben gegen das bei Gerichten immer mehr voranschreitende Plazet des Erledigungsinteresses ("schnell schnell alles fertig machen"), in der engagierten Wahrnehmung des Rechts, gerade im Sinne von Ihering, der Akteuer (hier: Strafverteidiger) als Konfliktverteidiger aufgebaut und gleichzeitig abgetan wird. Die Aufklärung des Falles wird nachrangig - das ist die Demontage des Rechtsstaates. Dem muss engagiert mit allen rechtlichen Mitteln entgegengewirkt werden.Sich dies klarzumachen und auch vielleicht andere dazu anzuregen, sich Gedanken zu unserem Rechtsstaat, von mir aus natürlich speziell im Bereich des Strafrechts, zu machen, dies scheint mir sinngebend wie zielführend in einer aufkommenden Welt der fetten Schlagzeilen und bis zu 3 Minuten-U-Tube-Videos, eine sinnvolle Sache. Bitte lassen Sie sich, lasst euch, beteiligen!RA Martin Stirnweiss, 13.02.2017      
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
56x
yasni 13.02.17  1  

Ungültige URL: RA Stirnweiss | Rechtsanwälte | Bufete Stuttgart - Stirnweiß ...

ra.stirnweiss@stcoll.de In Dir selbst muss brennen, was Du bei anderen entzünden willst. Augustinus Diese innere Motivation als Strafverteidiger einem ...
68x
bufete-stuttgart.es 11.07.14  +  

Morgen, 19.02.2013: Bundesverfassungsgericht verkündet Entscheidung zum „Deal“ ...

also sein Urteil zu der Frage, ob die gesetz­li­chen Rege­lun­gen zur sog. „Ver­stän­di­gung“, umgangs­sprach­lich als „Deal“ bezeich­net, mit dem Grund­ge­setz ver­ein­bar sind. Die Abspra­che im Straf­pro­zess bezeich­net die inzwi­schen gesetz­lich ver­an­kerte Pra­xis, im Vor­wege einer Haupt­ver­hand­lung oder auch wäh­rend ihres Laufs ziw­schen den juris­ti­schen Ver­ah­rens­be­tei­lig­ten eine Eini­gung über die Straf­tat­fol­gen im Falle eines bestimm­ten Pro­zeß­ver­hal­tens her­bei­zu­füh­ren. Tat­säch­lich bedeu­tet dies, dass dem Betrof­fe­nen für ein umfas­sen­des Geständ­nis eine bestimmte Straf­höhe zuge­sagt wird. Meines Erachtens sind die Rege­lun­gen über den „Deal“ hochproblematisch. Lang­jäh­ri­gen Erfah­rungen engagierter Strafverteidiger nach, wer­den durch die „Dea­le­reien“ Ange­klagte zu nicht immer rich­ti­gen Geständ­nis­sen unter Inaus­sicht­stel­lung z.T. unver­hält­nis­mä­ßig hoher Stra­fen für den Fall des Fest­hal­tens am Bestrei­ten gebracht. Wir nennen dies die "Sanktionsschere". Eine Wahr­heits­fin­dung unter kla­ren straf­pro­zes­sua­len Regeln unter Beach­tung der Unschulds­ver­mu­tung fin­det dadurch nicht statt. Die Pra­xis hat außer­dem gezeigt, dass die Gerichte ent­ge­gen den Auf­la­gen des Bun­des­ge­richts­ho­fes, keine pau­scha­len „Ultra-Kurz-Geständnisse“ zu akzep­tie­ren, son­dern nur nach­voll­zieh­bare, über­prüf­bare Geständ­nisse als sol­che zu qua­li­fi­zie­ren, tatsächlich zuguns­ten einer schnellen (gerne "prozeßökonomisch" genannten) Haupt­ver­hand­lung genau jene pau­scha­len Geständ­nisse („Die Anklage stimmt so wie verlesen“) wider­spruchs­los akzep­tie­ren und nicht hin­ter­fra­gen, son­dern „schlank“ ver­ur­tei­len. Die seit Jahren anhaltenden, rigerosen staatlichen Sparmaßnahmen im strafgerichtlichen Bereich fördern diese Einstellung und den dahinterstehenden - oft verständlichen - Druck überdies. Haupt­ver­hand­lungen gehen damit insgesamt oft zügi­ger zu Ende, doch wird dadurch kaum eine mate­ri­elle Gerech­tig­keit geschaf­fen, geschweige denn, dass die Grund­sätze des fai­ren Ver­fah­rens ein­ge­hal­ten wer­den. Immer wie­der kommt es vor, dass Angeklagte Dinge gegen­über einem Gericht ein­räu­men, weil sie nur so die Gewiss­heit für sich sehen, in Frei­heit zu blei­ben: bevor sie eine vom Gericht für den Fall des wei­te­ren Bestrei­tens „fest zugesagte“  Haft­strafe akzep­tie­ren, neh­men sie oft lie­ber eine Bewäh­rungs­strafe in Kauf, auch wenn sie damit aus ihrer Sicht ein fal­sches Geständ­nis ablegen. Damit werden Fehlurteile produziert, die dann oft der Ausgang für weitere Verfahren sind, wenn z.B. der Angeklagte durch die - unstimmige - Pauschaleinräumung des Anklagevorwurfs  auch zu anderen Personen etwas "ausgesagt" hat. Ich hof­fe konkret dar­auf, dass die­ser fal­sche Weg des Gesetz­ge­bers durch das Bun­des­ver­fas­suns­ge­richt kor­ri­giert wird ... die Frage bleibt spannend, welche Teile der gesetzlichen Regelungen bestehen bleiben , welche nicht oder ob der gesamte Gesetzesteil des "Deals" fällt ... RA / FAStR Martin Stirnweiss
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
62x
yasni 18.03.13  +  

Passend zum 3. Hauptverhandlungstermin am LG Rottweil im Brandanschlagsprozess ein Artikel in der Esslinger Zeitung zu Rockeraktivitäten ...

 ... und der Einschätzung durch das LKA, da auch bei uns Strafverteidigern in den vergangenen Jahren ein Zuwachs an diesem Phänomen zu bemerken ist, dass eine Einschätzung des woher, warum und wie weiter, sinnvoll macht: Die Rockerszene im Blick: Kriminaloberrat Sigurd Jäger erklärt die Hintergründe zur Messerstecherei in Esslingen. http://www.esslinger-zeitung.de/lokal/essling en/esslingen/Artikel986017.cfm   RA Martin Stirnweiss
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
92x
yasni 29.01.13  +  

Deutsche Gefangene in Taiwan - das geht uns alle an: Taiwanreise 2013

Mit zwei weiteren Strafverteidigern (RA Kay Neiß, Heidelberg und RA Peter Mende, Esslingen) haben wir auf den 01.01.2013 erneut 5 Deutsche Strafgefangene in Taiwan besucht, die dort seit längerem in lebenslange umgewandelte (bis hin zu in einem Fall "lediglich" einer mehrjährigen Haftstrafe) Freiheitsstrafen (mit bis zu 20 bis 25-jährigen Haftstrafen) im Taipei Prison, No.2, Hong-Teh Village, Shanyin Rd, Kwei-Shan, Taoyuan, 33307, Taiwan, R.O.C., verbüßen müssen. In der eigentlich als Gefängisstadt zu bezeichnenden Anlage sind mindestens ca. 3.000 Gefangene untergebracht. Hintergrund sind verurteilte Drogenkuriereinreisen von Bangkok / Thailand nach Taiwan / Taipeh. Wobei man sehen muß, dass die vorliegend Inhaftierten lediglich instrumentalisierte Tatbeteiligte sind, sozusagen das letzte Glied der Kette, mit dem höchsten Risiko und der geringsten Aussicht auf einen irgendwie gerateten Erfolg. Die deutschen Strafgefangenen gehen als Fahndungserfolg in die Drogenstatistik ein und die den unteren Chargen meist nicht bekannten Hintermänner machen und verdienen absehbar noch weiter. Jeglicher Kontakt mit Drogen ist während eines Aufenthaltes in Taiwan allerdings absolut tabu, denn die Strafen für Drogenbesitz sind sehr streng. So gibt es theoretisch die Todesstrafe bei Drogendelikten, sie wird aber aktuell bei westlichen Ausländern nicht angewandt. Diese werden bei Ausländern, wie vorliegend bislang in bis zu lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Taiwans Wu Den-Yih hat die umstrittene Hinrichtung (durch Schuß ins Herz) von vier Gefangenen im Jahr 2010 verteidigt. Erstmals seit viereinhalb Jahren wurde die Todesstrafe in Taiwan damit wieder vollstreckt. Der Regierungschef des Landes verwies auf die USA und Japan: "Nicht alle demokratischen Länder haben die Todesstrafe abgeschafft", äußerte sich Wu in der Hauptstadt Taipeh. Die Zeit für die Abschaffung der Todesstrafe sei einfach noch nicht reif, denn in Taiwan seien mindestens 70 Prozent seiner Landsleute immer noch gegen die Abschaffung der Todesstrafe. Diese emotionale Sicht der Bevölkerung betrifft meines Erachten jedoch eher Tötungsfälle. 2011 waren es fünf Hinrichtungen. Während unseres aktuellen Aufenthalts hat sich gezeigt, dass sich das Stimmungsbild in der Bevölkerung nicht wirklich verändert hat. Denn am Freitag, 21. Dezember 2012, sind erneut sechs Häftlinge hingerichtet worden, unter der Befürwortung der Mehrzahl der Taiwanesen. Derzeit scheint die öffentliche Meinung sogar verstärkt zu hartem Durchgreifen zu tendieren, nachdem kürzlich ein 10-Jähriger von einem Mann ermordet wurde, der einfach nur ins Gefängnis eingewiesen werden wollte. Er habe nicht erwartet, für "das Töten von ein oder zwei Personen" bereits zum Tode verurteilt zu werden, wurde er zitiert. Die Öffentlichkeit forderte danach verstärkt die Todesstrafe. Aktuell sitzen in Taiwan noch 55 Häftlinge im Todestrakt. Weitere Info's dazu: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,692528, 00.html Ein deutscher und ein österreichischer Jurist (die Professoren Eibe Riedel und Manfred Nowak) wurden von der taiwanesischen Regierung gebeten, im Februar 2013 deren Menschenrechtsbericht zu überprüfen. Manfred Nowak und Eibe Riebel baten den Präsidenten Ma Ying-jeou, mindestens bis dahin keine Exekutionen durchführen zu lassen. Das hat ersichtlich nicht geriffen. Amnesty International hat kürzlich eine Kampagne gestartet, um auf den Fall von Chiou Ho-shun aufmerksam zu machen. Dieser dürfte unschuldig in der Todeszelle sitzen. Die jüngsten Hinrichtungen kritisierte Amnesty International in diesem Statement: "Taiwan provides no procedure that would allow people on death row to seek a pardon or for the sentence to be commuted – a right recognized by the International Covenant on Civil and Political Rights, which the Taiwanese parliament has voted to implement. Family members are not informed about scheduled executions in advance. They only find out when they are invited to collect the body from the mortuary. In addition, serious fair trial concerns have marked the imposition of the death penalty in Taiwan." Nach den fünf Hinrichtungen Anfang 2011 hat sich sogar die Bundesregierung offiziell zu Taiwan geäußert, was ja selten vorkommt. Der Menschenrechtsbeauftragte im Auswärtigen Amt, Markus Löning, sagte damals: " Ich verurteile die Hinrichtungen scharf. Taiwan habe ich immer als ein positives Beispiel für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit angesehen. Umso schlimmer ist es, dass von Taiwan nun ein solch negatives Signal ausgeht." Eine solche Kritik aus der EU an Taiwan ist allerdings zweifelsohne nicht ganz frei von Heuchelei, denn durch ihre Ein-China-Politik unterstützen die europäischen Regierungen nicht gerade Taiwans demokratische Entwicklung. Das Land meist zu ignorieren und diplomatisch kaltzustellen, in solchen Fällen aber die Moralkeule zu schwingen, ist keine geschickte Strategie. Sehr guter Artikel eines Journalisten in seinem Blog: http://taipeh.wordpress.com/2009/02/11/todess trafe-in-taiwan/ Doch wieder zu unseren deutschen Gefangenen: Auch wenn diese insgesamt momentan noch nicht direkt von dieser Entwicklung betroffen sind, bleiben sie dennoch den aktuellen rechtlichen wie politischen Entwicklungen in Taiwan eng verbunden, denn zwischen Deutschland und Taiwan gibt es zur Zeit keinen Auslieferungsverkehr. Warum? Nach unseren bisherigen langjährigen Erfahrungen mit dem Thema will die deutsche Bundesregierung keinen offiziellen Vertrag bezüglich z.B. einer Gefangenen-Überstellung (zur Vollstreckung im Heimatland) abschließen, wahrscheinlich um Irritationen mit China bezüglich der Anerkennung Taiwans zu vermeiden. So gibt es in Taipeh / Taiwan keine offizielle deutsche Botschaft, weil Berlin der sog. „Ein-China-Politik“ Pekings folgt und folglich keine diplomatischen Beziehungen mit Taiwan hat. Die Volksrepublik China betrachtet Taiwan als Teil ihres Territoriums. De facto ist Taiwan jedoch ein selbstständiger Staat, der sich in den vergangenen 20 Jahren von einer Diktatur zur modernen Demokratie entwickelt hat. Hier haben wir insbesondere recht lebendige Studentenproteste die auf den Aktionen der "Wild Strawberries" aufbauen und sich gegen einen Medienmogul richten. Im Sommer 2012 protestierten erstmals Studenten gegen die Übernahme eines Kabelfernseh-Netzes durch die Want Want China Times-Mediengruppe. Die gehört einem der reichsten Männer Taiwans: Tsai Eng-meng. Er ist bekannt dafür, dass seine Medien nicht gerade China-kritisch sind – denn in der Volksrepublik macht Tsai den Großteil seiner Geschäfte. Der Wortführer der Studentenbewegung ist Chen Wei-ting (陳為廷). Anders als zwischen anderen Staaten gibt es dennoch keinen igendwie gerateten offiziellen Austausch im Bereich „Strafvollstreckung“. Wird sich dies absehbar ändern können? Dazu ein Auszug: Kleine Anfrage und Antwort im Deutschen Bundestag Bundestagsdrucksache Nr. 16/10969 vom 13.11.2008 Titel: Behinderungen Taiwans wegen praktischer Folgen seiner völkerrechtlichen Nicht-Anerkennung Auszug 3. Frage: Inwiefern verhindert der völkerrechtliche Status Taiwans ein den Regelungen eines Auslieferungsabkommens vergleichbares Verfahren angesichts der Tatsache, dass mit einer Vielzahl von Staaten, darunter der Volkrepublik China, Auslieferungsregelungen und andere Richtshilfevorgänge auch ohne Auslieferungsabkommen auf vertragloser Grundlage praktiziert werden, und welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, Auslieferungsregelungen auf vertragloser Grundlage mit Taiwan zu vereinbaren, um eine Auslieferung inhaftierter deutscher Staatsbürger von Taiwan nach Deutschland und umgekehrt zu ermöglichen? Antwort: Auch mit Staaten mit denen keine vertraglichen Vereinbarungen über Auslieferungen und Rechtshilfe in Strafsachen bestehen, können Auslieferungen und Rechtshilfehandlungen auf vertragloser Grundlage nach dem Gesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) durchgeführt werden. Taiwan verfügt - noch - über keine dem deutschen IRG vergleichbaren gesetzlichen Regelungen. Ein Überstellungsgesetz wurde in erster Lesung Ende Dezember 2012 in Taiwan eingebracht. Wie es weitergeht muss beobachtet werden. Einzelfallvereinbarungen mit taiwanesischen Behörden werden so gestaltet, dass sie nicht als faktische Anerkennung der Staatlichkeit aufgefasst werden können. Um Auslieferungen oder Überstellungen zur weiteren Strafvollstreckung nach Deutschland, sofern bei inhaftierten deutschen Staatsangehörigen rechtskräftige Urteile vorliegen, in Einzelfällen zu ermöglichen, erstrebt die Bundesregierung geeignete pragmatische Lösungen, etwa durch die Einschaltung von Verfahrensbeteiligten. Die ansonsten in den Bemühungen um eine Lösung betreffend die Deutschen Gefangenen durchaus bemühten Behörden in Taiwan haben dagegen klar dargelegt, dass dort eine vertraglose Überstellung rechtlich nicht zulässig und umsetzbar sei. Das Auswärtige Amt sucht jedoch weiterhin nach Möglichkeiten, aus humanitären Erwägungen eine Überstellung auf vertragloser Basis zu erreichen. Wie dies aber funktionieren soll bleibt mehr als offen. So sind auch seit Jahren alle - wenngleich hierseits nicht genau nachvollziehbar welche - Bemühungen Deutschlands über mittlerweile einige Minister- und Sachbearbeiterwechsel hinweg, hinsichtlich einer Verbesserung der Haftumstände der Gefangenen wie einer Überstellung derselben nach Deutschland, erfolglos im Sande verlaufend. Es braucht demgegenüber nunmehr endlich konkrete und schnelle Lösungen in einem offenen Dialog, der keine Gedankenverbote enthält. Wieso bemühen wir 3 Deutschen Strafverteidiger uns für die Deutschen Gefangenen überhaupt? Das uns häufig vorgehaltene Argument, dass sich die Straftäter eben hätten vorher überlegen müssen, was sie tun, können wir populistisch nachvollziehen. Doch diese Argumentation greift zu kurz. Denn alle Menschen machen Fehler, oft aus schwierigen persönlichen Lebensumständen heraus (Suchtabhängigkeit, psychische oder physische Erkrankungen, Haltlosigkeit, etc.). Der vielleicht einstmals vorhandene Überblick über die Sache, deren Konsequenzen und ein rationaler Ausblick, sind dabei oft schon verlorengegangen oder nur noch eingeschränkt funktional. Sich-schuldig-Machende sind deshalb auch zu bestrafen. Dagegen spricht nichts. Das ist Teil unserer menschlichen Gesellschaften und in demokratischen Strukturen akzeptabel. Doch ist es legitim Straftäter unter für sie unmenschlichen Bedingungen verbleiben zu lassen, ohne dass diese Ihr Recht auf Resozialisierung / Eingliederung in die bürgerliche Gesellschaft verwirklichen können? Dabei spielt eine Rolle, dass die Strafen wegen Drogenschmuggels in Taiwan besonders hart sind, damit die verurteilten Ausländer häufig lebenslange Freiheitsstrafen zu gegenwärtigen haben, die es in Deutschland nur für schwerste Gewalttaten gibt (Mord). Insofern kommt der Ausgestaltung des Strafvollzuges und dessen Perspektiven für den jeweiligen Verurteilten eine besondere Bedeutung zu, immer unter der Beachtung, dass auch Strafgefangene Grund- und Menschenrechte für sich in Anspruch nehmen können müssen. Derzeit werden im total überbelegten Regelstrafvollzug ca. bis zu 20 Häftlinge in einer Zelle von etwa 16 qm, die in der Ecke ein Toilettenloch hat, unterbracht. Dies führt zu der mißlichen Situation nach dem Motto: "Desto geringer die Privilegien, desto näher am Toilettenloch". Da bei dieser Belegung meist kein Platz für Bettgestelle ist, wird auf dünnen Reismatten gelagert und geschlafen. Besonders am Wochenende trifft dies die deutschen Häftlinge hart, da sie nicht wie unter der Woche üblich in Ihre jeweiligen Arbeitslager gebracht werden, sondern unter Einschluß ablenkungslos in den überfüllten Zellen sitzen müssen. Außerhalb der Verbringung zu den „Arbeitsplätzen“ (es werden im wesentlichen Papiertüten, Haarspangen, Kugelschreiber und Teebeutel im Akkord hergestellt, aber u.a. auch „Eisenarbeiten“ mit Fertigung von Fußfesseln und Handschellen) gibt es keinen Aufenthalt außerhalb der zugewiesenen Zelle. Es steht zu bemerken, dass außerhalb der eigenen Zelle innerhalb der Anstalt das Anlegen von Fußfesseln gebräuchlich ist. Die taiwanesischen Mithäftlinge bekommen wenigstens am Wochenende Besuch Ihrer Angehörigen, die deutschen Strafgefangenen hingegen können schon aufgrund der hohen Flug- / Reisekosten (die Entfernung von Frankfurt nach Taipeh beträgt einfach ungefähr 9370 Kilometer (km) Luftlinie) ganz selten, je nach finanziellen Möglichkeiten der Verwandten aber auch nie, Besuche erhalten. Nach Jahren der Inhaftierung sind auch familär oft die finanziellen Resourcen entsprechend aufgebraucht. Bei diesen Besuchen können die Angehörigen auch Lebensmittel für die Gefangenen mitbringen, sowie einkaufen. Diese zusätzliche Versorgungsmöglichkeit durch Angehörige haben die deutschen Strafgefangenen leider nicht, da keine Lebensmittel z.B. per Post übersandt werden können. Somit auch nicht das Essen u.a. von den Familien einmal im Monat (oder gar einmal die Woche) erhalten können, sondern auf die rudimentäre Gefängnisküche, mit einer kargen Einheitskost, angewiesen sind. Da ist es zwar eine schöne Abwechslung, wenn wir Strafverteidiger bei unseren nahezu jährlichen Besuchen bei den deutschen Strafgefangenen in Taipei, nach der Besuchszeit für diese einkaufen können. Doch der Alltag sieht so aus: Durch die notwendigen Herstellungsverfahren innerhalb des Gefängnisses mit frühem Kochbeginn und Zubereitung in Großkesseln, ist das Essen im Ausgabezeitpunkt in den allermeisten Fällen verkocht. Mit allen Folgen für Geschmack und Inhalt. Das zehrt gesundheitlich an den deutschen Gefangenen, die deshalb nach unserem eigenen persönlichen Eindruck überwiegend untergewichtig, teils mangelernährt (Zahnausfall etc., Zahnbehandlungen müssen vom Häftling bezahlt werden) sind. Die ärztliche Versorgung kann im Taipei Prison als äußerst angespannt bezeichnet werden. Weiter ist festzuhalten, dass zur Gestaltung von Freizeit und / oder Gesundheitserhaltung keine Sport- oder Grünanlagen für Häftlinge exisitieren. Die große, gerne und oft in taiwanesischen Berichten gezeigte Parkanlage vor dem Gefängnis ist nicht für die Häftlinge. Es wären zudem übliche andere Möglichkeiten für sportlichen Aktivitäten gar nicht vorhanden, da hierfür der Platz wie das Wachpersonal fehlen und aufgrund der Überlegungsproblematik ganz andere Themen im Fordergrund stehen. Toilettenartikel und Pantoffeln, Bettzeug uva. müssen von den Gefangenen selbst gekauft werden (teilweise gibt es Spenden durch kirchliche Organisationen). Ebenso Presseartikel. Einen Fernseher auf der Zelle gibt es erwartungsgemäß nicht. Da die deutschen Häftlinge früher sogar strikt in unterschiedlichen Zellen und Arbeitslagern untergebracht worden sind, haben sie wenig Kontakt zueinander, können sich in der Heimatsprache kaum austauschen und auch nicht untereinander z.B. eine Deutsche oder Englische Zeitung kosten- und aufwandsgünstig teilen. Es soll im Übrigen in der Anstalt chinesisch gesprochen werden, damit die Gefangenen die asiatische Hochkultur kennenlernen und sich „intergrieren“ können. Dem einen Gefangenen gelingt dies, dem anderen nicht. Da dazu keine Schule oder anderweitige Unterrichtung erfolgt, bleibt die sprachliche Weiterentwicklung vielen ausländischen Gefangenen verwehrt oder nur im rudimentären Rahmen möglich. Dieser Umstand isoliert erheblich. Möglichkeiten zur Bildung oder gar einer Aus- bzw. Weiterbildung bestehen für die Deutschen Gefangenen überhaupt nicht. Eine irgendwie geartete Resozialisierung findet nicht statt. Selbst bei besseren Bedingungen wäre dies auch schwierig, da nach erlebtem Vollzugsende, keiner der Deutschen Gefangenen in Taiwan weiterleben wird können oder wollen. Ein Zellen-Bild aus einer taiwanesischen Zeitung (NEXT-Magazin), abfotografiert und veröffentlich in: Ludigels Taiwan Formosablog. Es soll zu dem Haftthema jedoch nicht unterschlagen werden, dass dies ansonsten, bis auf die geschilderten gravierenden Erschwernisse für Deutsche Gefangen, die üblichen Haftbedingungen in Taiwan sind. Diese gemessen an den anderen asiatischen Haftgestaltungen (auch in Japan!), innerhalb derer u.a. körperliche Übergriffe mit drakonischen Disziplinarmaßnahmen gegenüber den Gefangenen üblich sind, Dauerfesselung Standard ist (wie z.B. in Tahiland), internationalen Standards genügen (so auch das U.S. Departement of State). Dem Deutschen Institut, welches in Taiwan anstelle einer Botschaft die deutschen Interessen vertritt und welches wir 2013 in seinem neuen Büro im 101-Tower in Taipei (seit anfang März 2012) erneut zum Gedankenaustausch besucht haben und positiv aufgenommen wurden, ist zu danken, dass es sich nach unserer Beobachtung im Verlauf der Jahre immer wieder, in dem auftragsgemäß eingeschränkt möglichen Maß, um die Deustchen Gefangenen kümmert. Dass der geschilderte Strafvollzug für die Deutschen Gefangenen dennoch menschenunwürdig ist und zu unübersehbaren, nicht auf Dauer hinnehmbaren psychischen wie physischen Beeinträchtigungen jedes einzelnen Gefangenen führt, erklärt sich von selbst. Wir setzten uns dafür ein, dass die Familien und Deutschen Gefangenen in Taiwan nicht nach den Jahren eines von außen betrachtet als Stillstand erscheinenden politischen Prozesses der Auseinandersetzung zu den Haftbedingungen und der Gefangenenüberstellung, resignieren müssen und es nicht wahr ist, was wir schon haben hören müssen: „Leider scheint Deutschland die Deutschen, die in Taiwan in Haft sind, vergessen zu haben ....“. Abschließend: Da aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Parameter die Zahl der Deutschen, welche auf Dauer oder zeitlich begrenzt eine berufliche Existenz im Ausland begründen oder eine längere Fern- / Urlaubsreise unternehmen und hierbei jederzeit und unerwartet (z.B. schwerer Verkehrsunfall) in ernstzunehmende Schwierigkeiten geraten können, die mit einer Inhaftierung verbunden sein können, nicht sinken wird, muss den humanitären Bedingungen von Gefängnissen im Ausland und möglichen Überstellungsmöglichkeiten, insbesondere außerhalb von Europa insgesamt mehr Aufmerksamkeit und Bedeutung zukommen. Das forden wir denn auch von den politisch Beteiligten. Gez. Martin Stirnweiß -Rechtsanwalt - Fachanwalt für Strafrecht
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
94x
yasni 18.01.13  1  

Verhandlungberichte aus der Verhandlung des BVerfG am 07.11.2012 zum "Deal" - zusammengefasst:

  Am 07.11.2012 fand die Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts zu Thema "Deal", den Prozeßabsprachen unter den Prozeßbeteiligten statt. Zwei der Verfassungsbeschwerdeführer in Karlsruhe seien nicht wie vorgeschrieben belehrt worden, ein Formalgeständnis, das unter Druck zustande gekommen sei, ist Gegenstand des dritten Verfahrens, das der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in Folge zu entscheiden haben wird. Der dritte Beschwerdeführer moniert konkret, auf ihn sei unzulässiger Druck ausgeübt worden. Es klingt fast wie eine Art Erpressung, die sich auf dem Flur des Landgerichts Berlin zugetragen haben soll. In einer Verhandlungspause sei der Vorsitzende Richter auf den Flur gegangen und habe dem jungen Polizeibeamten und seinem mitangeklagten Kollegen ein Angebot gemacht: Wenn sie die vorgeworfene Tat sofort gestehen, könnten sie mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren rechnen. Andernfalls drohten ihnen vier Jahre Haft. Sie müssten sich schnell entscheiden. So schildert es eine beteiligte Anwältin in einer eidesstattlichen Versicherung. Den damaligen Polizisten wird vorgeworfen, einem vietnamesischen Händler Schwarzmarkt-Zigaretten abgenommen zu haben, um sie für sich selbst zu behalten. Eine ernste Beschuldigung, die als schwerer Raub bestraft werden könnte - denn die beiden hatten ihre Dienstwaffen dabei. Laut Protokoll wurde die Verhandlung um 10:50 Uhr fortgesetzt, zehn Minuten später haben die Beamten ein Formalgeständnis abgelegt. Sie bestätigten nur, dass das, was in der Anklage stehe, so richtig sei. Die anwesenden Zeugen wurden nicht mehr angehört. Ein kurzer Prozess, zwei Jahre auf Bewährung und damit auch der Verlust der Beamtenstellung für die beiden Familienväter. Ein faires Verfahren sehe anders aus, meint der ehemalige Polizist. Die so genannte Sanktionsschere, also die große Diskrepanz zwischen der angedrohten Strafe ohne Geständnis und dem Strafmaß mit einem ebensolchen, habe ihn derart unter Druck gesetzt, dass er eine Tat gestanden habe, die er nicht begangen habe. Diese Sanktionsschere hat jeder Strafverteidiger schon vorgehalten bekommen, also kein Märchen aus Absurdistan! Die Studie des Düsseldorfer Rechtsprofessors Karsten Altenhain (Kriminologe) zur Anwendungspraxis der gesetzlichen Neuregelungen zu Prozeßabsprachen, ist mit Ihren alarmierenden Ergebnissen wonach fast 60 Prozent der Richter die Mehrzahl ihrer Absprachen entgegen der gesetzlichen Regelung ohne die vorgeschriebene Protokollierung, also informell durchführen, bereits schon vor dem Verhandlungstag vorab durch die Medien (z.B. Süddeutsche Zeitung: http://www.sueddeutsche.de/politi k/ausgehandelte-urteile-justitia-als-dealerin -1.1514916 Nach einer Umfrage unter gut 330 Richtern, Staatsanwälten und Strafverteidigern aus NRW glaubten fast zwei Drittel der Amtsrichter nach Angaben der Süddeutschen Zeitung, in jeder zweiten Absprache werde gegen die neue Vorschrift des § 257c der Strafprozessordnung verstoßen. Beispielsweise werde auch der Führerscheinentzug "weggedealt", obwohl dies vom Gesetz ausdrücklich ausgeschlossen sei, schreibt die Süddeutsche.) gesickert. Große Teile der Richterschaft in NRW hatten also offen zugegeben, eher sog. informelle Absprachen zu treffen als solche im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Regelung nach § 257c StPO - nachfolgend der Gesetzestext: "... (1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein. (3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen. (4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen. (5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren. ...". Das Bundesverfahssungsgericht bezeichnete daher die in der Studie erhobene unförmliche Dealpraxis als "illegale Absprachen". "Müsste das nicht eigentlich illegale Verständigung heißen?", fragte Verfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolff beispielsweise.   Als Sachverständiger fungierte BGH-Präsident Klaus Tolksdorf. Er störte sich am meisten daran, dass Absprachen zu schuldunangemessen niedrigen Strafen führen und sprach von einem strukturellen Problem. Konsens und Strafrecht vertrügen sich im Prinzip nicht. Das tragen wir engagierten Straffverteidiger schon seit langem vor ("Verteidigung ist Kampf. Kampf um die Rechte des Beschuldigten." [Prof. Dr. Hans Dahs]). Gelten in der gerichtlichen Praxis dann jedoch als "Konfliktverteidiger" - was denn nun? Der Generalbundesanwalt Harald Range, führte aus, ein rein formales Geständnis dürfe nicht ausreichen, er mache sich Sorgen um die Wahrheitserforschung. In vielen Fällen werde die Staatsanwaltschaft dazu gedrängt, einer Verständigung zuzustimmen. Verfassungsrichter Herbert Landau erkannte daraufhin: "Wenn die Zustimmung der Staatsanwaltschaft erzwungen wird, schreit das doch geradezu danach, dass der Gesetzgeber diese Kontrollmechanismen institutionalisiert." Seitens des GBA wurde noch die Überlegung angestellt, Strafmaßrevisionen der Staatsanwaltschaften zu fördern. Die GBA wirkte nach Ansicht der Beobachter etwas unbeholfen und wurde auch einmal vom Berichterstatter Bundesverfassungsrichter Prof. Landau unterbrochen, worauf er meinte, dass er mit seiner Antwort möglicherweise den Anforderungen des BVerfG nicht genüge. Landau konnte auch nicht verstehen, dass reuige Täter, die sofort gestehen, oft schlechter weg kämen als solche, die sich ein Geständnis erst im Prozess gegen Strafrabatt "abhandeln" lassen: "Warum gibt es bei Absprachen 30 Prozent Rabatt, bei normalen Geständnissen nicht?" Deutlich problematisiert wurde dies an verschiedenen Stellen, dass es doch nicht angehen könne, dass ein im Ermittlungsverfahren schweigender Beschuldigter als dann Angeklagter in der Hauptverhandlung mit einer Verständigung zu einer milderen Strafe komme, als ein im Ermittlungsverfahren schon umfassend geständiger Beschuldigter. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) verteidigte in der Verhandlung demgegenüber die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen. Sie stellen "enge Korsettstangen" zur Reglementierung dar. Im Presseraum ließ sie aber eigens eine Sprecherin verkünden, "erschreckend" finde sie, dass diese Regelungen offenbar zu oft nicht eingehalten werden. Laut der überwiegenden Anzahl der Prozeßbeobachter kamen gute Argumente von den Bevollmächtigten der Verfassungsbeschwerdeführer, den Herren Prof. Wolff und Prof. Schünemann. Der Deutsche Anwalt Verein (DAV), vertreten durch den Kollegen Prof. Hamm, war erkennbar kritischer als das Auftreten der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), vertreten durch die Kollegen Prof. Ignor und Prof. Schlothauer. Ihre Sicht der Dinge als Vertreter des DAV ist eindeutig: "Das 'Angebot' einer Strafobergrenze für den Fall eines Geständnis auf der Grundlage eines bloßen Aktenstudiums führt zu Verdachtsstrafen und wenn das Geständnis nur aus Angst vor der noch höheren Strafe abgelegt wird, sogar zu Fehlurteilen". Sie halten die Vorschrift des § 257c Strafprozessordnung (StPO), vor allem die dort ausdrücklich zugelassene Verknüpfung zwischen der Geständnisbereitschaft mit einer Strafmaßzusage, für verfassungswidrig. Anders sieht das die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), die grundsätzlich von einer Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift ausgeht. Aus Sicht der BRAK gibt es nicht genügend Zahlen über den Umgang mit den neuen Regelungen und erst recht nicht genug Informationen über informelle Deals. Dass die Regelung des § 257c StPO vielleicht umgangen werde, ändere nichts an ihrer Verfassungsmäßigkeit, so das Fazit einer Stellungnahme der Interessenvertreter der BRAK. Der Bevollmächtigte der Bundesregierung hob positiv hervor, dass ja doch ein gewisser Prozentsatz der Instanzrichter die gesetzliche Regelung anwende und nicht alle weiterhin informelle Deals abschließen würden. Bundesverfassungsrichter Prof. Huber stellte daraufhin fest, dass ja wohl eine Bindung an Recht und Gesetz für 100% der Richter bestehe, und dass man sich Gedanken über die strafrechtliche Relevanz der geschilderten Praxis machen müsse. Das Bundesverfassungsgericht spielt hier auf Strafrechtsnormen im Bereich von § 339 StGB an - nachfolgen der Gesetztstext: "... Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft. ...". Insgesamt war der zur Entscheidung berufenen Senat erkennbar ungehalten über die laut Altenhain-Studie übliche Gerichtspraxis. Ein öfter zitiertes Beispiel aus der Verhandlung des BVerfG: Es wurden u.a. drei Vorsitzende Richter am Landgericht zu ihrer Verhandlungspraxis angehört. Einer führte zu seiner spruchrichterlichen Praxis aus, er sei bemüht, sich bei Absprachen an die gesetzliche Regelung zu halten. Der Vorsitzende des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle dazu wörtlich: „Wir nehmen das erfreut zur Kennntis, angesichts dessen, was wir bislang heute hier gehört haben." Der Vorsitzende einer Wirtschaftsstrafkammer gestand ein, dass die personelle Ausstattung an seinem Gericht ihm keine andere Wahl lasse, als zu dealen. Er habe seiner Langerichtspräsidentin bereits mehrmals Überlastung durch eine Anhäufung einer Vielzahl von anlaufenden Verfahren (auch Haftsachen) mitgeteilt und bereits in einigen Verfahren auf baldige absolute Verfolgungsverjährung hingewiesen. Der Vorsitzende Richter einer Strafkammer des Landgerichts Hamburg berichtete, dass Kollegen, die regelmäßig Absprachen treffen, dafür gar belohnt werden: Sie würden als "Leistungsträger des Landgerichts" gelten, weil ihre Verfahren schnell zu Ende sind. In dienstlichen Bewertungen werde positiv erwähnt, dass ihre Urteile nie von der höheren Instanz aufgehoben würden - was allerdings kein Wunder ist, denn nach einem Deal wird oft auf Rechtsmittel verzichtet, die höhere Revisionsinstanz der Bundesgerichtshof bekommen das Urteil nie zu Gesicht. Ein Vorsitzender Richter aus Hildesheim berichtete von einer "exzessiven Praxis" der Absprachen in manchen Strafkammern. "Das führt zu zu milden Strafen und dazu, dass man irgendwann nicht mehr die Akten liest." Prof. Frisch von der Universität Freiburg brachte ein vielbeachtetes Argument, namentlich: dass es im Strafprozess um die Wahrheitsfindung gehe, und es könne nur eine materielle Wahrheit geben, aber keine verständigte Wahrheit. Ein von verschiedenen vorgenannten Prozessbeteiligten vorgeschlagener Weg deutete auf eine Modifizierung der bestehenden Gesetzesausprägung: Verstöße gegen § 257c StPO sollten als absoluter Revisionsgrund ausgestaltet werden. Prof. Wolff schlug noch vor, ein sog. schlankes Geständnis (= kurz an der Anklage entlang: "Ja, wie es in der Anklage steht, stimmt es.") zu untersagen und die Gerichte grundsätzlich zu verpflichten, eine Verifizierung des Geständnisses vorzunehmen. Die Richter des Zweiten Senats suchten nach Alternativen. Sollten sie die Regelung für verfassungswidrig erklären, könnte das die Praxis an den Gerichten "weiter in die Illegalität treiben", fürchtete Bundesverfassungsrichter Prof. Herbert Landau. Nun befindet sich das Bundesverfassungsgericht in der Überlegungsphase. Eine abschließende Entscheidung wird wohl noch ein paar Monate benötigen. Mit einem Urteil ist erst im kommenden Jahr zu rechnen. Es ist am Bundesverfassungsgericht, über viel mehr zu entscheiden als lediglich über eine strafprozessuale Norm. Dass der Rechtsstaat nicht zu kurz kommen wird, darauf kann man sich verlassen. Selten aber hatte das höchste deutsche Gericht, dem gern Realitätsferne vorgeworfen wird, eine günstigere Gelegenheit, auch seinen Pragmatismus unter Beweis zu stellen. Tendenziell wir die bestehende Gesetzesregelung wohl nicht vollständig gekippt, aber im vorstehenden Sinne modifiziert werden. Wir sind gespannt! RA Martin Stirnweiß
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
92x
yasni 14.11.12  +  

Ich habe im Hamburger Abendblatt (online) zur mündlichen Anhörung gelesen, dass Bundesgerichtshofs-Präsident Tolksdorf gesagt haben soll:

„Ich glaube, im Prinzip vertragen sich Konsens und Strafrecht nicht.“  Das entspricht meiner Auffassung von Verteidigung ist Kampf und genau so vom Gesetz her vorgesehen. Einerseits wird von verschiedenen Gerichten aber die „Konfliktverteidigung“ gegeißelt, andererseits im Umfeld und in der aktuellen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichtes zum "Deal" der Widerspruch zwischen Strafverfahren und Konsens artikuliert. Für unsereins als Strafverteidiger doch ein wenig verwirrend. Vielleicht hilft der Umgang mit dem Thema nun hier ein wenig Kontur und Klärung herbeizuführen... Die Hoffnung stirbt zuletzt! RA Martin Stirnweiß
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
86x
yasni 14.11.12  +  

Das Herbstkolloquium der Strafverteidiger findet dieses Jahr in Köln statt ...

... und ich werde die kommenden Tage bis zum 11.11.2012 dort weilen. Es wird sicher wieder interessant: http://www.ag-strafrecht.de/Her bstkolloquium/29Herbstkolloquium2012.aspx .. . bis bald! RA Martin Stirnweiß  
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
84x
yasni 07.11.12  +  

Ungültige URL: Martin Stirnweiss

ra.stirnweiss@stcoll.de In Dir selbst muss brennen, was Du bei anderen entzünden willst. Augustinus Diese innere Motivation als Strafverteidiger einem ...
73x
stcoll.de 26.06.12  +  

Ungültige URL: Black Jackets laufendes Großverfahren | Anwalt Stuttgart | Stirnweiß ...

... Stirnweiss, Stege & Coll verteidigen mutmassliche Bandenmitglieder der Black Jackets in diesem Grossverfahren, nämlich die Strafverteidiger Martin Stirnweiss, Andreas
124x
anwalt-stuttgart.net 09.12.11  +  

Deutsche Gefangene in Taiwan- das geht uns alle an: Taiwanreise 2012

Mit zwei weiteren Strafverteidigern (RA Kay Neiß, Heidelberg und RA Peter Mende, Esslingen) werden wir auf den 01.01.2012 erneut 5 Deutsche Strafgefangene in Taiwan besuchen, die dort seit längerem in lebenslange umgewandelte (bis hin zu in einem Fall "lediglich" einer mehrjährigen Haftstrafe) Freiheitsstrafen (mit bis zu 20 bis 25-jährigen Haftstrafen) im Taipei Prison, No.2, Hong-Teh Village, Shanyin Rd, Kwei-Shan, Taoyuan, 33307, Taiwan, R.O.C., verbüßen müssen. In der eigentlich als Gefängisstadt zu bezeichnenden Anlage sind mindestens ca. 2.700 Gefangene untergebracht. Hintergrund sind verurteilte Drogenkuriereinreisen von Bangkok / Thailand nach Taiwan / Taipeh. Wobei man sehen muß, dass die vorliegend Inhaftierten lediglich instrumentalisierte Tatbeteiligte sind, sozusagen das letzte Glied der Kette, mit dem höchsten risiko und der geringsten Aussicht auf einen irgendwie gerateten Erfolg. Die deutschen Strafgefangenen gehen als Fahndungserfolg in die Drogenstatistik ein und die den unteren Chargen meist nicht bekannten Hintermänner machen und verdienen absehbar noch weiter. Jeglicher Kontakt mit Drogen ist während eines Aufenthaltes in Taiwan allerdings absolut tabu, denn die Strafen für Drogenbesitz sind sehr streng. So gibt es theoretisch die Todesstrafe bei Drogendelikten, sie wird aber aktuell bei westlichen Ausländern nicht angewandt. Diese werden bei Ausländern, wie vorliegend bislang in bis zu lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Taiwans Wu Den-Yih hat die umstrittene Hinrichtung durch Erschießen von vier Gefangenen im Jahr 2010 verteidigt. Erstmals seit viereinhalb Jahren wurde die Todesstrafe in Taiwan damit wieder vollstreckt. Der Regierungschef des Landes verwies auf die USA und Japan: "Nicht alle demokratischen Länder haben die Todesstrafe abgeschafft", äußerte sich Wu in der Hauptstadt Taipeh. Die Zeit für die Abschaffung der Todesstrafe sei einfach noch nicht reif, denn in Taiwan seien mindestens 70 Prozent seiner Landsleute immer noch gegen die Abschaffung der Todesstrafe. Diese emotionale Sicht der Bevölkerung betrifft meines Erachten jedoch eher Tötungsfälle. Weitere Info's dazu: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,692528, 00.html Auch wenn die deutschen Gefangenen also momentan noch nicht direkt von dieser Entwicklung betroffen sind, bleiben sie dennoch den aktuellen rechtlichen wie politischen Entwicklungen in Taiwan eng verbunden, denn zwischen Deutschland und Taiwan gibt es zur Zeit keinen Auslieferungsverkehr. Warum? Nach unseren bisherigen langjährigen Erfahrungen mit dem Thema will die deutsche Bundesregierung keinen Vertrag bezüglich z.B. einer Gefangenen-Überstellung (zur Vollstreckung im Heimatland) abschließen, wahrscheinlich um Irritationen mit China bezüglich der Anerkennung Taiwans zu vermeiden. So gibt es in Taipeh / Taiwan keine offizielle deutsche Botschaft, weil Berlin der sog. „Ein-China-Politik“ Pekings folgt und folglich keine diplomatischen Beziehungen mit Taiwan hat. Die Volksrepublik China betrachtet Taiwan als Teil ihres Territoriums. De facto ist Taiwan jedoch ein selbstständiger Staat, der sich in den vergangenen 20 Jahren von einer Diktatur zur Demokratie entwickelt hat. Anders als zwischen anderen Staaten gibt es dennoch keinen igendwie gerateten offiziellen Austausch im Bereich „Strafvollstreckung“. Wird sich dies absehbar ändern können? Dazu ein Auszug: Kleine Anfrage und Antwort im Deutschen Bundestag Bundestagsdrucksache Nr. 16/10969 vom 13.11.2008 Titel: Behinderungen Taiwans wegen praktischer Folgen seiner völkerrechtlichen Nicht-Anerkennung Auszug 3. Frage: Inwiefern verhindert der völkerrechtliche Status Taiwans ein den Regelungen eines Auslieferungsabkommens vergleichbares Verfahren angesichts der Tatsache, dass mit einer Vielzahl von Staaten, darunter der Volkrepublik China, Auslieferungsregelungen und andere Richtshilfevorgänge auch ohne Auslieferungsabkommen auf vertragloser Grundlage praktiziert werden, und welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, Auslieferungsregelungen auf vertragloser Grundlage mit Taiwan zu vereinbaren, um eine Auslieferung inhaftierter deutscher Staatsbürger von Taiwan nach Deutschland und umgekehrt zu ermöglichen? Antwort: Auch mit Staaten mit denen keine vertraglichen Vereinbarungen über Auslieferungen und Rechtshilfe in Strafsachen bestehen, können Auslieferungen und Rechtshilfehandlungen auf vertragloser Grundlage nach dem Gesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) durchgeführt werden. Taiwan verfügt über keine dem deutschen IRG vergleichbaren gesetzlichen Regelungen. Einzelfallvereinbarungen mit taiwanesischen Behörden werden so gestaltet, dass sie nicht als faktische Anerkennung der Staatlichkeit aufgefasst werden können. Um Auslieferungen oder Überstellungen zur weiteren Strafvollstreckung nach Deutschland, sofern bei inhaftierten deutschen Staatsangehörigen rechtskräftige Urteile vorliegen, in Einzelfällen zu ermöglichen, erstrebt die Bundesregierung geeignete pragmatische Lösungen, etwa durch die Einschaltung von Verfahrensbeteiligten. Die ansonsten in den Bemühungen um eine Lösung betreffend die Deutschen Gefangenen durchaus bemühten Behörden in Taiwan haben dagegen klar dargelegt, dass dort eine vertraglose Überstellung rechtlich nicht zulässig und umsetzbar sei. Das Auswärtige Amt sucht jedoch weiterhin nach Möglichkeiten, aus humanitären Erwägungen eine Überstellung auf vertragloser Basis zu erreichen. Wie dies aber funktionieren soll bleibt mehr als offen. So sind auch seit Jahren alle - wenngleich hierseits nicht genau nachvollziehbar welche - Bemühungen Deutschlands über mittlerweile einige Minister- und Sachbearbeiterwechsel hinweg, hinsichtlich einer Verbesserung der Haftumstände der Gefangenen wie einer Überstellung derselben nach Deutschland, erfolglos im Sande verlaufend. Es braucht demgegenüber nunmehr endlich konkrete und schnelle Lösungen in einem offenen Dialog, der keine Gedankenverbote enthält. Wieso bemühen wir 3 Strafverteidiger uns für die Deutschen Gefangenen überhaupt? Das uns häufig vorgehaltene Argument, dass sich die Straftäter eben hätten vorher überlegen müssen, was sie tun, können wir populistisch nachvollziehen. Doch diese Argumentation greift zu kurz. Denn alle Menschen machen Fehler, oft aus schwierigen persönlichen Lebensumständen heraus (Suchtabhängigkeit, psychische oder physische Erkrankungen, Haltlosigkeit, etc.). Der vielleicht einstmals vorhandene Überblick über die Sache, deren Konsequenzen und ein rationaler Ausblick, sind dabei oft schon verlorengegangen oder nur noch eingeschränkt funktional. Sich-schuldig-Machende sind deshalb auch zu bestrafen. Dagegen spricht nichts. Das ist Teil unserer menschlichen Gesellschaften und in demokratischen Strukturen akzeptabel. Doch ist es legitim Straftäter unter für sie unmenschlichen Bedingungen verbleiben zu lassen, ohne dass diese Ihr Recht auf Resozialisierung / Eingliederung in die bürgerliche Gesellschaft verwirklichen können? Dabei spielt eine Rolle, dass die Strafen wegen Drogenschmuggels in Taiwan besonders hart sind, damit die verurteilten Ausländer häufig lebenslange Freiheitsstrafen zu gegenwärtigen haben, die es in Deutschland nur für schwerste Gewalttaten gibt (Mord). Insofern kommt der Ausgestaltung des Strafvollzuges und dessen Perspektiven für den jeweiligen Verurteilten eine besondere Bedeutung zu, immer unter der Beachtung, dass auch Strafgefangene Grund- und Menschenrechte für sich in Anspruch nehmen können müssen. Derzeit werden im total überbelegten Regelstrafvollzug ca. bis zu 20 Häftlinge in einer Zelle von etwa 16 qm, die in der Ecke ein Toilettenloch hat, unterbracht. Dies führt zu der mißlichen Situation nach dem Motto: "Desto geringer die Privilegien, desto näher am Toilettenloch". Da bei dieser Belegung meist kein Platz für Bettgestelle ist, wird auf dünnen Reismatten gelagert und geschlafen. Besonders am Wochenende trifft dies die deutschen Häftlinge hart, da sie nicht wie unter der Woche üblich in Ihre jeweiligen Arbeitslager gebracht werden, sondern unter Einschluß ablenkungslos in den überfüllten Zellen sitzen müssen. Außerhalb der Verbringung zu den „Arbeitsplätzen“ (es werden im wesentlichen Papiertüten, Haarspangen, Kugelschreiber und Teebeutel im Akkord hergestellt, aber u.a. auch „Eisenarbeiten“ mit Fertigung von Fußfesseln und Handschellen) gibt es keinen Aufenthalt außerhalb der zugewiesenen Zelle. Es steht zu bemerken, dass außerhalb der eigenen Zelle innerhalb der Anstalt das Anlegen von Fußfesseln gebräuchlich ist. Die taiwanesischen Mithäftlinge bekommen wenigstens am Wochenende Besuch Ihrer Angehörigen, die deutschen Strafgefangenen hingegen können schon aufgrund der hohen Flug- / Reisekosten (die Entfernung von Frankfurt nach Taipeh beträgt einfach ungefähr 9370 Kilometer (km) Luftlinie) ganz selten, je nach finanziellen Möglichkeiten der Verwandten aber auch nie, Besuche erhalten. Nach Jahren der Inhaftierung sind auch familär oft die finanziellen Resourcen entsprechend aufgebraucht. Bei diesen Besuchen können die Angehörigen auch Lebensmittel für die Gefangenen mitbringen, sowie einkaufen. Diese zusätzliche Versorgungsmöglichkeit durch Angehörige haben die deutschen Strafgefangenen leider nicht, da keine Lebensmittel z.B. per Post übersandt werden können. Somit auch nicht das Essen u.a. von den Familien einmal im Monat (oder gar einmal die Woche) erhalten können, sondern auf die rudimentäre Gefängnisküche, mit einer kargen Einheitskost, angewiesen sind. Durch die notwendigen Herstellungsverfahren innerhalb des Gefängnisses mit frühem Kochbeginn und Zubereitung in Großkesseln, ist das Essen im Ausgabezeitpunkt in den allermeisten Fällen verkocht. Mit allen Folgen für Geschmack und Inhalt. Das zehrt gesundheitlich an den deutschen Gefangenen, die deshalb nach unserem eigenen persönlichen Eindruck überwiegend untergewichtig, teils mangelernährt (Zahnausfall etc., Zahnbehandlungen müssen vom Häftling bezahlt werden) sind. Die ärztliche Versorgung kann im Taipei Prison als äußerst angespannt bezeichnet werden. Weiter ist festzuhalten, dass zur Gestaltung von Freizeit und / oder Gesundheitserhaltung keine Sport- oder Grünanlagen für Häftlinge exisitieren. Die große, oft in taiwanesischen Berichten gezeigte Parkanlage vor dem Gefängnis ist nicht für die Häftlinge. Es wären zudem übliche andere Möglichkeiten für sportlichen Aktivitäten gar nicht vorhanden, da hierfür der Platz wie das Wachpersonal fehlen und aufgrund der Überlegungsproblematik ganz andere Themen im Fordergrund stehen. Toilettenartikel und Pantoffeln, Bettzeug uva. müssen von den Gefangenen selbst gekauft werden (teilweise gibt es Spenden durch kirchliche Organisationen). Ebenso Presseartikel. Einen Fernseher auf der Zelle gibt es erwartungsgemäß nicht. Da die deutschen Häftlinge früher sogar strikt in unterschiedlichen Zellen und Arbeitslagern untergebracht worden sind, haben sie wenig Kontakt zueinander, können sich in der Heimatsprache kaum austauschen und auch nicht untereinander z.B. eine Deutsche oder Englische Zeitung kosten- und aufwandsgünstig teilen. Es soll im Übrigen in der Anstalt chinesisch gesprochen werden, damit die Gefangenen die asiatische Hochkultur kennenlernen und sich „intergrieren“ können. Da dazu keine Schule oder anderweitige Unterrichtung erfolgt, bleibt die sprachliche Weiterentwicklung vielen ausländischen Gefangenen verwehrt oder nur im rudimentären Rahmen möglich. Dieser Umstand isoliert erheblich. Möglichkeiten zur Bildung oder gar einer Aus- bzw. Weiterbildung bestehen für die Deutschen Gefangenen überhaupt nicht. Eine irgendwie geartete Resozialisierung findet nicht statt. Selbst bei besseren Bedingungen wäre dies auch schwierig, da nach erlebtem Vollzugsende, keiner der Deutschen Gefangenen in Taiwan weiterleben wird können oder wollen. Ein Zellen-Bild aus einer taiwanesischen Zeitung, abfotografiert und veröffentlich in: Ludigels Taiwan Formosablog: Es soll zu dem Haftthema jedoch nicht unterschlagen werden, dass dies ansonsten, bis auf die geschilderten gravierenden Erschwernisse für Deutsche Gefangen, die üblichen Haftbedingungen in Taiwan sind. Diese gemessen an den anderen asiatischen Haftgestaltungen (auch in Japan!), innerhalb derer u.a. körperliche Übergriffe mit drakonischen Disziplinarmaßnahmen gegenüber den Gefangenen üblich sind, internationalen Standards genügen (so das U.S. Departement of State). Dem Deutschen Institut, welches in Taiwan anstelle einer Botschaft die deutschen Interessen vertritt, ist zu danken, dass es sich nach unserer Beobachtung im Verlauf der Jahre immer wieder, in dem auftragsgemäß eingeschränkt möglichen Maß, um die Deustchen Gefangenen kümmert. Dass der geschilderte Strafvollzug für die Deutschen Gefangenen dennoch menschenunwürdig ist und zu unübersehbaren, nicht auf Dauer hinnehmbaren psychischen wie physischen Beeinträchtigungen jedes einzelnen Gefangenen führt, erklärt sich von selbst. Wir setzten uns dafür ein, dass die Familien und Deutschen Gefangenen in Taiwan nicht nach den Jahren eines von außen betrachtet als Stillstand erscheinenden politischen Prozesses der Auseinandersetzung zu den Haftbedingungen und der Gefangenenüberstellung, resignieren müssen und es nicht wahr ist, was wir schon haben hören müssen: „Leider scheint Deutschland die Deutschen, die in Taiwan in Haft sind, vergessen zu haben ....“. Abschließend: Da aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Parameter die Zahl der Deutschen, welche auf Dauer oder zeitlich begrenzt eine berufliche Existenz im Ausland begründen oder eine längere Fern- / Urlaubsreise unternehmen und hierbei jederzeit und unerwartet (z.B. schwerer Verkehrsunfall) in ernstzunehmende Schwierigkeiten geraten können, die mit einer Inhaftierung verbunden sein können, nicht sinken wird, muss den humanitären Bedingungen von Gefängnissen im Ausland und möglichen Überstellungsmöglichkeiten, insbesondere außerhalb von Europa insgesamt mehr Aufmerksamkeit und Bedeutung zukommen. Das forden wir denn auch von den politisch Beteiligten. Gez. Martin Stirnweiß -Rechtsanwalt - Fachanwalt für Strafrecht
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
127x
yasni 06.12.11  +  

Ungültige URL: Anwalt für Strafrecht - Anwaltssuche

VdSRV - Verband deutscher StrafrechtsAnwälte und Strafverteidiger e. V.
Martin Stirnweiß @ Stuttgart
127x
strafrechtsverband.de 14.09.11  +  

Vereinigung Baden-Württembergischer Strafverteidiger e. V.

L 14, 16-17, 68161 Mannheim. 0621/13016. Ekkart Hinney. M 1 5, 68161 Mannheim. 0621/4004610 ... Martin Stirnweiß. Kirchheimer Str. 94-96, 70619 Stuttgart. 0711 ...
98x
strafverteidiger-bw.de 18.04.11  +  

Martin Stirnweiss

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Strafrecht / Strafverteidiger / Stuttgart, Germany
112x
xing.com 22.03.11  +  

Jetzt bewerten

(257)
 257 Bewertungen 
5 Sterne (237)
4 Sterne (18)
3 Sterne (2)
2 Sterne (0)
1 Stern (0)

Ihre Verbindung zu Martin Stirnweiß

Ich
Ich
Martin Stirnweiß @ Kanzlei Stirnweiss, Stege & Coll., Stuttgart
Martin

Sie haben noch kein Exposé bei Yasni.

Wichtige Personen: Heute - Übersicht / Namen: Heute - Übersicht / Person-Suchen: Heute - Übersicht
+1