Wächst der Solarstromanteil an der Energieerzeugung, steigt die EEG-Umlage nur minimal
Um die Aktionen unserer Bundesregierung gegen einen weiteren Ausbau der solaren Stromerzeugung verstehen zu können, müssen sich private Stromverbraucher leider die Mühe machen, auch der Frage nachzugehen, ob die EEG-Umlage nur wegen des Zuwachses an erneuerbaren Energien – insbesondere der Photovoltaik - ständig und unaufhaltsam steigt. Fakt ist: sie steigt allein wegen der Solarstromerzeugung auch zukünftig nur marginal!
Die Photovoltaik leistet an nicht wenigen Tagen im Jahr einen erheblichen Teil zur Stromversorgung in Deutschland. Die erzeugte Solarstrommenge hat sich allein in den letzten drei Jahren mehr als versechsfacht. Gleichzeitig sind die Stromerzeugungskosten drastisch gesunken. Keine andere Energiequelle hat ein solch dramatisches Kostenreduzierungsszenario in einer so kurzen Zeit jemals durchleben müssen. Ein großer Dank gilt hierfür auch unseren flexiblen deutschen Unternehmern.
Solarstrom kann bereits heute mit dem Steckdosenpreis von konventionell erzeugtem Strom konkurrieren und wird in Kürze bereits billiger als der von den Energiekonzernen bevorzugte Offshore-Windstrom sein. Daraus folgt: Schon angesichts eines Vergleichs der Börsenpreise für konventionelle Energien mit denen für Solarstrom ist eindeutig belegt, dass die weitere Förderung der Solarstromerzeugung keine nennenswerte Steigerung der EEG-Umlage mehr verursacht (s. Schaubild).
Zudem verursacht Offshore-Windstrom (Energiegeschenk für Energiekonzerne) unnötige vom Steuerzahler zu tragende Mrd.-Investitionen in einen übertriebenen Ausbau von Stromnetzen von Nord nach Süd. Nicht nur finanziell, sondern auch konzeptionell fragwürdig daran ist, dass der Süden viel weiter in der eigenen Stromversorgung ist, als es das Energiekonzept der Bundesregierung berücksichtigt. Die Baden-Württemberger und die Bayern kommen auch ohne Offshore-Windstrom klar. Auch die Rheinland-Pfälzer haben so durchkalkuliert, dass sie mit einem anderen Weg (Onshore-Windenergie und Photovoltaik) eindeutig besser klar kommen.
Die Bundesregierung hält aber unbeirrbar an der Umsetzung ihres Energiekonzeptes fest und beschließt auf dieser Grundlage zum einen den Todesstoß für die Photovoltaik, zum anderen aber gleichzeitig den für den Steuerzahler teuersten Weg in eine sehr zögerliche Energiewende. Somit steht zukünftig ein unaufhaltsamer Preisanstieg für konventionelle Energien einem weiteren dramatischen Preisverfall der erneuerbaren Energien gegenüber. Dies wird immer deutlicher im Geldbeutel der Stromverbraucher spürbar werden. Begründen werden ihm die Energiekonzerne dies wieder damit, dass die Energiewende nur mit einem drastischen Anstieg der EEG-Umlage finanziert werden kann. Wenn Stromanbieter aber immer preiswerter Strom an der Strombörse einkaufen können, warum wird die eigene Stromrechnung bei vergleichbaren Verbrauchswerten wohl immer höher? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, oder? Wo mag der Gewinn aus immer günstiger werdendem Einkauf von Strom und höheren Verkaufskosten von Strom wohl verbleiben?
Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung steigt in Deutschland weiter an. Dieser Erfolg der erneuerbaren Energien beruht auf dem EEG, das seit 2000 von allen Parteien – mit Ausnahme der FDP – mitgetragen wurde. Seit 2000 bis 2011 hat sich die installierte Leistung zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auf über 55.500 MW erhöht. In den ersten beiden Monaten des Jahres 2012 haben Wind- und Solaranlagen bereits 13,2 Mrd. kWh Strom (Jan. – Feb. 2011: 9,3 Mrd. kWh) produziert. Das sind 42 Prozent mehr als vor einem Jahr. Das geht aus einer IWR-Auswertung von Daten der Strombörse EEX in Leipzig hervor. "Wind- und Solaranlagen haben damit mehr Strom produziert, als alle acht abgeschalteten Atomkraftwerke in Deutschland theoretisch in diesem Zeitraum hätten erzeugen können", so IWR-Direktor Dr. Norbert Allnoch.
Noch mehr Erneuerbare Energien als der bereits 21%-Anteil im Stromnetz und „zu viel“ dezentral erzeugter Solarstrom bedeuten, dass die Netzbetreiber massiv in die Umrüstung der Netze investieren müssen. „Die insoweit vorrangig in die Netze aufzunehmenden Erneuerbaren Energien bedeuten zudem, dass der fossil-atomare Großkraftwerkspark unrentabel wird,“ so Dr. Nina Scheer, Juristin und Leiterin der Hermann-Scheer-Stiftung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Netzbetreiber allein in 2010 rd. 150 Gigawattstunden erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien gar nicht in ihr Stromnetz gelassen haben. Sie verpflichten die Anlagenbetreiber zur Abriegelung ihrer Anlagen. Dennoch muss der nicht abgenommene Strom aus Erneuerbaren Energien den Anlagenbetreibern vergütet werden. Die Zeche für dieses unerfreuliche und kurzsichtige Verhalten der Netzbetreiber zahlt der Stromverbraucher über die EEG-Umlage. Netzbetreiber hingegen sitzen die Anpassung ihrer Stromnetze an die veränderten Bedingungen einfach aus und investieren nicht in die energetische Zukunft. Dies nimmt die Bundesregierung billigend in Kauf.
Energiewende funktioniert nur im Einklang der Themenfelder Energieeinsparung, Energieeffizienz und dezentrale Energieerzeugung mit erneuerbaren Energien. Stromspeichertechnologie muss viel zügiger gefördert und intelligente Stromnetze (smart grids) sind schneller zu schaffen. „Wichtig ist auch, dass wir Anreize schaffen, wie durch eine Förderung des Einsatzes von Speicheranlagen die Netzintegration der Photovoltaik-Energie weiter verbessert werden kann,“ so Erwin Rüddel (MdB-CDU).
Die Strompreise an der Börse für den deutschen Strom sind trotz des Atomausstiegs deutlich niedriger als vor einem Jahr. Dort kaufen (Übertragungs)Netzbetreiber ein. Der Preis für deutschen Grundlaststrom an der Strombörse ist in den ersten beiden Monaten des Jahres 2012 im Mittel auf 4,74 Cent pro KWh Strom gefallen (Jan-Feb 2011: 5,05 Cent pro kWh). Das sind gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres, als die abgeschalteten Atomkraftwerke noch produzierten, 6,1 % weniger, teilt das Internationale Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) in Münster nach Bekanntgabe der Februar-Zahlen durch die European Power Exchange (EPEX/EEX) mit. Im Januar 2012 fiel der Preis für deutschen Strom am Spotmarkt wegen der hohen Windstromproduktion auf 3,99 Ct/KWh und damit auf den niedrigsten Stand seit August 2010.
"Die gesunkenen Börsen-Strompreise kommen beim Verbraucher aber noch nicht an", sagte IWR-Direktor Dr. Norbert Allnoch.
Der am 2.3.2012 von der Bundesregierung beschlossene Gesetzentwurf zur drastischen Kürzung der EEG-Vergütungen für Solarstrom ist ein klares Zeichen für das Fehlen einer zukunftsorientierten und gesellschaftsfähigen Gesamtstrategie. Danach sollen die Einspeisevergütungen für Strom aus PV-Anlagen voraussichtlich ab dem 9.März je nach Größe der Anlagen um 20 bis 30 Prozent gesenkt werden. Ab Mai würden die Anpassungen der Vergütungssätze dann nicht mehr wie bisher zweimal jährlich, sondern monatlich erfolgen. Eine Deckelung des Solarstromausbaus und die geplante massive Vergütungsreduktion würde die Energiewende deutlich ausbremsen, jedoch kaum senkend auf unsere Haushaltsstrompreise wirken. Mit einem Ausbaudeckel von z. B. 1 Gigawatt pro Jahr würde der Solarstromausbau bis 2016 um über 75 Prozent reduziert, die Haushaltsstrompreise jedoch nur um 1,4 Prozent weniger steigen.
Von allen Erneuerbaren hat die Photovoltaik in den letzten Jahren die härtesten Senkungen der Einspeisevergütung verkraften müssen. Dies hat bereits zur Insolvenz zahlreicher Hersteller in Deutschland geführt. „Einen wesentlichen Anteil der Solarenergie für eine erfolgreiche Energiewende verkennt die Bundesregierung,“ so Eveline Lemke (Ministerin für Wirtschaft und Energie).
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