Professur Für Makroökonomik im Yasni Exposé von Spiridon Paraskewopoulos

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Spiridon Paraskewopoulos, 82, Universitätsprofessor @ Universität Leipzig, Köln

Land: Deutschland, Sprache: Deutsch
Spiridon Paraskewopoulos @ Universität Leipzig, Köln

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Spiridon Paraskewopoulos @ Köln
Nov 09  +

8 Informationen zu Spiridon Paraskewopoulos

Die Finanz- und Wirtschaftskrise, Ursachen, Folgen, Perspektiven

          Prof. Dr. Sp. Paraskewopoulos (emeritiert) Ehemaliger Direktor des Instituts für Theoretische Volkswirtschaftslehre und Lehrstuhlinhaber der Professur für Makroökonomik   An der Wielermaar 23 D- 51143 Köln Tel. 02203-85199   Vortrag am 26. 10. 2010 im Seniorenkolleg  Der Universität Leipzig.     Inhaltsübersicht:   1.    Einleitende Bemerkungen 2.   Ursachen der Krise 2.1  Ursachen der ökonomischen Krisen im allgemeinen 2.2  Hauptursachen der heutigen Krise 2.3  Die Chronik der gegenwärtigen Krise     3.    Was könnte noch kommen?   1.  Einleitende Bemerkungen Vor einem Jahr wütete die Finanzkrise, die Angst vor einer Rezession ging um, Politiker und Bürger beschimpfen laut Presse die Finanzmärkte als Monster.   Doch wie ernst ist die Krise wirklich? Wer sind ihre Opfer, wer räumt auf, wer vertuscht? wer profitiert sogar davon? Die Volkswirtschaften der Welt leiden unterschiedlich seit 2008 - teilweise immer noch - an einer Finanz- und Wirtschaftskrise. Im Jahr 2009 war die Entwicklung der Weltwirtschaft durch den Einbruch des internationalen Handels und einen starken Rückgang der Güternachfrage gekennzeichnet. Die Rezession traf neben allen Industrieländern auch aufstrebende Schwellenländer. Besonders exportabhängige Volkswirtschaften wie Deutschland und Japan waren stark betroffen. Mit Hilfe konzertierter Aktionen seitens nationaler Notenbanken und Regierungen konnten die globalen Finanzmärkte teilweise stabilisiert werden. Verstärkte fiskalpolitische Maßnahmen in Form von Konjunkturprogrammen halfen, den Wirtschaftsabschwung im Verlauf des Jahres zu mildern. Dies konnte jedoch nicht verhindern, dass erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs das globale Bruttoinlandsprodukt um 2,3 % sank (siehe Diagram 2).   Veränderungen des BIP 2009 in der Weltwirtschaft   Diese Krise wurde deutlich durch folgende kurz gefasste Ereignisse: (a) Bereits im Verlauf des Jahres 2008 sind in den USA und in England 83 ehemals selbständige Banken verschwunden, teils durch Konkurs, teils durch Fusion mit anderen Banken, teils durch Verstaatlichung. Inzwischen ist die Zahl viel größer geworden (Gutmann). (b) Am 10. Oktober 2008 kam es an den Wertpapierbörsen der Welt zu einem radikalen Kurssturz für Wertpapiere von über 18%. Dadurch wurden rund 20% des in Wertpapiere angelegten Kapitalvermögens vernichtet. Allein bei Bankaktien wurden mehr als 1,5 Billionen $ an Börsenwert vernichtet (Gutmann). (c) Das durchschnittliche reale Wachstum der Weltwirtschaft ist seit 2007 von damals 5,2% erheblich abgestürzt. Fast alle Volkswirtschaften der Welt hatten 2009 negative Wachstumsraten. Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt die weltweiten Verluste der Finanz- und Wirtschaftskrise auf mehr als vier Billionen Dollar. Davon entfielen ca. 2,7 Billionen $ (ca. 2,0 Billionen €) auf die USA und  ca. 700 Mrd. $ bzw. ca. 500 Mrd. € auf die 27 Europäischen Unionsländer (siehe folgende Tabelle). Und dies nur bis Ende 2009 .  Nach Schätzungen von IWF sei es denkbar, dass die Verluste von 4 Billionen Dollar noch wachsen könnten. Dass diese Entwicklung enorme Konsequenzen für Produktion, Beschäftigung und Einkommen vieler Menschen hat und noch haben wird, ist einleuchtend. (d) Länder wie Griechenland, Island, Irland, Ungarn und die baltischen Staaten haben große Schwierigkeiten ihre Kredite zu bedienen. Dies gilt auch für eine Reihe von weiteren osteuropäischen Staaten. Insofern sind folgende Fragen berechtigt: - Was sind die Ursachen dieser Katastrophe? - Wie ist diese Krise bisher verlaufen? - Wie kann man das erneute Entstehen eines solchen Desasters verhindern?  Mit diesen Fragen werde ich mich im weiteren Verlauf meines Vortrages ein wenig beschäftigen   2.   Ursachen der Krise   2.1  Ursachen der ökonomischen Krisen im allgemeinen   Die Wirtschaftswissenschaftler bezeichnen als Wirtschaftskrise oder Rezession eine  lang anhaltende volkswirtschaftliche Entwicklung, die schrumpfende oder sogar negative Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts aufweist. Bekleidet wird diese Entwicklung von einer hohen Arbeitslosigkeit, die möglicherweise dazu führt, dass breite Schichten der Bevölkerung verarmen. Die Ursachen dieser Wirtschaftskrisen liegen in der Regel, wenn wirtschafts- und sozialpolitisch nicht rechtzeitig und korrigierend eingegriffen wird, in der dynamischen und innovativen Funktionsweise des marktwirtschaftlichen Systems. Das marktwirtschaftliche System schafft in Verbindung mit Privateigentum an den Produktionsmitteln und mit einem starken Wettbewerb auf allen Märkten, permanent neue Produkte, führt neue Organisationsformen und Produktionsmethoden ein, entdeckt neue Rohstoffquellen und verlangt permanent schnelle Anpassung der Wirtschaftsakteure an die neuen Produktionsbedingungen. Diese grundsätzliche Wohlstandserhöhende Funktion des marktwirtschaftlichen und wettbewerblich organisierten Wirtschaftsystems wird  konterkariert (gebremst) von einem anderen gleichzeitig (parallel) laufenden dynamischen und marktwirtschaftlich gelenkten Prozess der Vernichtung der bisher bestehenden alten Wirtschaftsstrukturen. Dies bedeutet, dass die alten Wirtschaftszweige und ihre Arbeitsplätze durch die neugeschaffenen Strukturen mit den neuen Anforderungen an die Arbeitskräfte vom Markt verdrängt werden. Diese marktwirtschaftliche Dynamik, die einerseits permanent mit ihren neuen Strukturen die Volkswirtschaft und die Menschen bereichert, zerstört andererseits zugleich die alten Strukturen, und damit vernichtet sie die bestehenden Existenzmöglichkeiten von zahlreichen Wirtschaftszweigen und letztlich die Arbeitsmöglichkeiten von Menschen. Daher ist es erforderlich, dass der Staat in einer Marktwirtschaft permanent mit adäquaten ordnungspolitischen und prozesspolitischen Anpassungshilfen eingreifen muss. Dies ist deshalb notwendig, um in dieser Übergangszeit von den alten zu den neuen Wirtschaftsstrukturen nicht nur finanzielle Ausgleiche für die Notleidenden zu gewähren, sondern auch, um die Funktionsweise und die Stabilität des marktwirtschaftlichen Systems zu sichern, und um nicht zuletzt seine Akzeptanz bei der Bevölkerung zu gefährden. Die Unterlassung und der zunehmende Abbau dieser Eingriffe des Staates in den letzen fünfundzwanzig Jahren, waren meines Erachtens die Hauptursache, die zu der gegenwärtigen Finanz- bzw. Wirtschaftskrise geführt haben. Ein großer Anteil der Schuld für diese Entwicklung tragen die sogenannten neuliberalen Ökonomen, die mit ihren Marktliberalisierungs- und Marktderegulierungsforderungen, die verantwortlichen Politiker auf diesen ökonomisch und sozial falschen wirtschaftspolitischen Weg gebracht haben. Die dabei entstandene Kontrolllosigkeit des Finanzsektors, der zunehmende Monopolisierungsgrad und nicht zuletzt durch die Vernachlässigung und Nichtanwendung des marktwirtschaftlichen Haftungsprinzips bei den Entscheidungen der Akteure, führten letztlich zu risikoreichen Entscheidungen, die die Finanzkrise herbeibrachten.         Um die Ereignisse der letzten zwei Jahre besser verstehen zu können, muss ich einiges zur Funktionsweise des Finanzsektors einer Volkswirtschaft und insbesondere über die Beschaffenheit des amerikanischen Hypothekenmarktes sagen, die man, wie ich meine, nicht hinreichend als bekannt voraussetzen können und in denen die eigentlichen Ursachen der heutigen Krise versteckt sind.   2.2  Hauptursachen der heutigen Krise Einleitend möchte ich bemerken, dass die von Prof. Gutmann (Ökonom und ehemaliger Rektor der Universität Köln) in einem Vortrag gemachte Bemerkung auch für mich allgemein gültig ist: Es ist nicht allein die immer wieder zitierte "Gier" von Bank-Managern schuld an der Krise. Diese "Gier" kann sich nur dann austoben und gefährlich werden, wenn die äußeren Rahmenbedingungen, unter denen Bank-Manager operieren dies überhaupt zulassen. Es ist auch zu bedenken, dass hinter dem hohen Gewinnstreben der Banken auch die hohen Gewinnerwartungen aller derjenigen stehen, die die Banken über den Kapitalmarkt mit Geldkapital versorgen. Diese sind, um die wichtigsten zu nennen: - Versicherungen, - Investmentfonds, - Pensionsfonds. Hinter diesen institutionellen Anlegern stehen die Zins- und Gewinninteressen derjenigen, die bei diesen Instituten Kunden sind, also die Interessen - der Versicherten, die an möglichst niedrigen Versicherungsprämien interessiert sind, - der Sparer, die hohe Zinsen bzw. hohe Renditen erwarten und - der Rentner, die hohe Renten aus ihren Einzahlungen in die Pensionsfonds erhoffen.  Mit anderen Worten: Hinter den Gewinninteressen der Banker stehen letztlich mehr oder weniger auch unsere Interessen. Und nun konkret zu den Ursachen der Krise: Es stellte sich heraus, dass es sich nicht um nur eine Ursache handelt, sondern um ein Ursachenbündel. Und erst das Zusammenwirken der verschiedenen Einzelursachen hat die Katastrophe bewirkt. Einige dieser Einzelursachen möchte ich im Zusammenhang mit der Funktionsweise des Banksektors ansprechen und kurz erläutern. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die Geschäftsbanken zunächst als Vermittler zwischen Gläubigern und Kreditnehmern auftreten. Diese Aufgabe können sie nur dann erfüllen, wenn sie Zentralbankgeld besitzen und damit Buchgeld (Giralgeld) produzieren. Zentralbankgeld besteht in der Form von Banknoten (einschließlich Münzen) sowie in der Form von Guthaben (Buchgeld) auf Konten, welche bei der Zentralbank gehalten werden. Solche Konteninhaber bei der Deutschen Bundesbank sind: Geschäftsbanken, die öffentliche Hand (also der Bund, die Länder und die Gemeinden) sowie karitative Einrichtungen. Dieses Primärgeld kann und darf ausschließlich die Zentralbank eines Landes schaffen und in Umlauf setzen. Eine zweite Art von Geld ist das Buchgeld (Giralgeld), welches Bankkunden auf ihren Konten bei den Geschäftsbanken haben und – wie erwähnt - durch die Geschäftsbanken selbst geschaffen wird. Dieser Geldschöpfungsprozess der Geschäftsbanken findet statt, erstens durch Bareinzahlungen des Publikums auf deren Bankkonten (Passivgeschäft der Geschäftsbanken), zweitens durch die Gewährung eines Kredits der Geschäftsbanken auf die Bankkonten ihrer Kunden (Aktivgeschäft der Geschäftsbanken) und drittens beim Ankauf von Devisen durch die Geschäftsbanken, deren Gegenwert auf den Bankkonten der Einzahler gebucht wird. Damit die Geschäftsbanken in der Lage sind, ihre Bankgeschäfte durchzuführen, müssen sie jederzeit ausreichend über Zentralbankgeld verfügen. Dies ist aber Geld, das sie selbst nicht schaffen können. Die Hauptgründe für die Liquiditätsnotwendigkeit der Geschäftsbanken sind mindest drei: (a) Die Geschäftsbanken müssen damit rechnen, dass ihre Kunden das auf ihren Konten existierende Giralgeld abheben, also in Zentralbankgeld umwandeln wollen. (b) Die Geschäftsbanken müssen damit rechnen, dass ihre Kunden ihr Geld an Kunden anderen Banken überweisen und (c) die Geschäftsbanken müssen – aus geldpolitischen Gründen – einen bestimmten Prozentsatz ihrer Einlagen als Mindestbetrag an Zentralbankgeld verfügbar und auf ihren Konten bei der Zentralbank  haben.   Ist eine Geschäftsbank zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht ausreichend liquid, dann gibt es für sie grundsätzlich zwei Wege, sich Zentralbankgeld zu verschaffen: Entweder sie nimmt bei der Zentralbank für befristete Zeit einen Kredit auf  - vorausgesetzt die Zentralbank ist hierzu bereit -  oder sie nimmt für eine bestimmte Frist (einen Tag, eine Woche, drei Monate) einen zu verzinsenden Kredit in Zentralbankgeld am sogenannten Geldmarkt auf, an welchem andere liquide Geschäftsbanken gerne solche Beträge an Zentralbankgeld zur Verfügung stellen. In "normalen" Zeiten kennen sich die Banken untereinander gut genug, so dass sie sicher sein können, dass die aufgenommenen Kredite fristgerecht zurück gezahlt werden. Es besteht also normalerweise zwischen den Banken gegenseitiges Vertrauen. Wird dieses Vertrauen – aus welchen Gründen auch immer – gestört und dies war 2008 der Fall, dann können die Geschäftsbanken ihre Aufgaben im Zahlungsverkehr und in der Kreditgewährung nicht mehr voll oder gar nicht mehr erfüllen, was dann den Zahlungsverkehr zum Erliegen bringen kann. Dank des schnellen Handelns der Zentralbanken konnte dies in der gegenwärtigen Krise weitgehend verhindert werden. Die bisherige Beschreibung der Funktionsweise des Bankensystems ist etwas, was Sie alle mehr oder weniger kennen und seit seiner Einführung nach der Finanz- und Wirtschaftskrise der 30ger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, ohne nennenswerte Störungen gut funktioniert hat. Die Entstehung von Problemen, die zunächst bewusst oder unbewusst nicht bemerkt wurden, begann, als manche „kluge“ Ökonomen feststellten, dass man mit solchen Bankgeschäften nicht viel Geld verdienen kann. Dies deshalb, weil das beschriebene System zu viel Staatsregulierungen mit personalaufwendigen Bonitätsprüfungen und vielerlei kostspieligen bürokratischen Eingriffen und Hemmnissen hat.             Deshalb sind viele Banken dazu übergegangen, zusätzlich eine andere und lukrative Art des Bankgeschäfts zu betreiben, nämlich das sogenannte „Investment-Geschäft“. Diese Geschäftstätigkeit liegt im Wesentlichen: (a) auf der Verwaltung von Kundenvermögen, (b) auf der Unterstützung von Unternehmungen bei der Beschaffung von Kapital auf unterschiedlichen Finanzierungswegen und (c) auf dem Handel mit Wertpapieren, Derivaten und Devisen. Im angelsächsischen Raum kennt man spezielle Investment-Banken, die praktisch nur derartige Geschäfte betreiben. Seit einem Gesetz von 1933 – nach der damaligen Finanzkrise war in den USA, wie wir heute wissen, aus guten Gründen, eine strenge Trennung zwischen Geschäftsbanken und Investment-Banken gesetzlich vorgeschrieben. Erst 1999 wurde leider diese Trennung wieder aufgehoben. Der Handel einer Bank mit Wertpapieren, Devisen und Finanzderivaten, den diese im Investment-Geschäft betreibt, kann prinzipiell in zweierlei Arten erfolgen: (a) Entweder er geschieht im Auftrag, auf Rechnung und auf Risiko eines Kunden. Das ist für die Bank relativ gefahrlos, oder (b) er geschieht im eigenen Namen, also auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko der Bank selbst. Und das kann für die Bank sehr lukrativ aber auch sehr verlustreich werden. Die Investment – Banken bevorzugen allerdings die zweite Art des Handels, weil sie damit viel Geld verdienen können. Dabei versuchen diese Banken zu prognostizieren, welche Wertpapiere die Kunden demnächst kaufen werden. Die Banken kaufen dann an der Börse vorab jene Papiere, die sie ihrer Kundschaft später zu einem höheren Kurs verkaufen können. Mit solchen Investment-Geschäften lässt sich sehr viel mehr Geld verdienen als mit dem Einlagen- und Kreditgeschäft, vorausgesetzt, dass die Spekulationen aufgehen. Diese Art von Geschäftstätigkeit erfordert allerdings ein hohes Maß an Information über die Abläufe solcher Geschäfte. Diejenigen Manager, die innerhalb einer Bank solche Geschäfte betreiben, sind hoch spezialisierte Fachkräfte, die von den Banken sehr begehrt und entsprechend hoch bezahlt werden. So sind die hohen Bonus-Zahlungen zu verstehen, die uns oft so erstaunen oder ärgern. Diese Bonuszahlungen erfolgen allerdings ohne Rücksicht darauf, dass die Geschäfte wirklich erfolgreich sind. Gehen diese Bankangestellten zu hohe Risiken ein und machen statt Gewinne Verluste, dann haften sie dafür nicht persönlich. Risikoträger ist die Bank. Der Eigenhandel mit Wertpapieren kann daher für eine Bank eine sehr riskante Sache sein. Und genau dies ist in der gegenwärtigen Finanzkrise eingetreten. Zu den Finanzinstituten zählen auch die so genannten Investment-Gesellschaften, die jeweils einen oder mehrere Investmentfonds auflegen. Es handelt sich dabei um Kapitalanlagegesellschaften, die Geldbeträge von Kapitalanlegern einsammeln und diese dann in unterschiedliche Anlagebereiche investieren, beispielsweise in Wertpapiere oder in Immobilien. Mit dem Kauf eines Investmentfondsanteils wird der Anleger Miteigentümer am Gesamtvermögen des Fonds und hat Anspruch auf Gewinnbeteiligung und zugleich das Recht, seinen Anteil jederzeit an den Fonds zurück zu verkaufen. Die Qualität der Fondsanteile hängt davon ab, welche Qualität die Objekte haben, in welche der Fonds das Geld investiert. Stellt sich heraus, dass diese Objekte minderwertig waren oder es mit der Zeit werden, dann sind die Käufer der Fondsanteile die Verlustträger -wie inzwischen viele Kunden von Fonds erfahren haben. Eine weitere Art von Finanzinstituten sind die Hedgefonds, die einen besonderen Typ von Investmentgesellschaften darstellen. Sie betreiben höchst spekulative Geschäfte unterschiedlicher Art und arbeiten mit unterschiedlichen Strategien und Techniken. Sie werben damit, dass sie in der Lage sind sowohl bei steigenden als auch bei fallenden Preisen der Spekulationsobjekte (Immobilien, Wertpapiere, Devisen etc.) Gewinne zu erzielen. Sie arbeiten mit Anlageformen wie - Finanzderivate - Leerverkäufe von Wertpapieren oder - Arbitragegeschäfte. Soweit es sich bei den Spekulationsobjekten um Wertpapiere handelt, wird auf das Steigen oder auf das Fallen von Wertpapierkursen spekuliert. Mit den genannten Finanzderivaten meint man Finanztitel, die auf andere Finanztitel zurückzuführen sind. Mit anderen Worten: es sind Finanztitel, die von einem sogenannten Basiswert (dem Wert einer Aktie, einer Anleihe oder einer Devise) abgeleitet sind, und die in der Form von handelbaren Verträgen zwischen einem Käufer und einem Verkäufer dieses Titels existieren. Es gehören dazu; - Optionen, - Futures, - Differenzkontrakte. - Zertifikate, - Credit Default Swaps. Vor allem die letzteren haben in der Krise eine große Rolle gespielt. Ein weiterer Typus solcher Investmentfonds sind die "privat equity fonds", die sich an Unternehmungen beteiligen welche nicht börsennotiert sind. Diese Auflistung der verschiedenen Arten von Finanzinstituten ist nicht so zu verstehen, als ob es sich dabei immer um Institute handelt, die nichts miteinander zu tun haben. Im Gegenteil: sehr oft liegen hier Verschachtelungen vor, denn viele Banken betreiben unter ihrem globalen Firmendach auch Investment- Gesellschaften, Hedgefonds oder privat equity-Fonds oder sind an solchen beteiligt. Kommen diese Institute in Schieflage, dann werden die Banken hiervon negativ betroffen. Ein Credit Default Swaps (CDS) ist eine Vertrag zwischen einem Gläubiger A (Investor), der einem Schuldner B einen Kredit gegeben hat und einem Versicherer C z.B. ein Hedgefonds, der als Versicherungsunternehmen agiert. Dieser Vertrag beinhaltet, dass der Versicherer C dem Gläubiger A dann eine Ausgleichzahlung leistet, wenn ein sogenanntes Kreditereignis eintritt, d.h. der Schuldner B wird zahlungsunfähig. Dafür leistet der Gläubiger A dem Versicherer C eine laufende Gebühr (Versicherungsprämie). Diese Versicherungsverträge kann man auch dann abschließen, wenn man dem Schuldner B in Wirklichkeit gar keinen Kredit gewährt hat, sondern man lediglich der Meinung ist, er wird demnächst zahlungsunfähig. Man wettet also auf die mögliche Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners. Solche Versicherungsverträge können auch außerbörslich angeboten und nachgefragt werden. Ähnlich strukturiert sind die so genannten Leerverkäufe. Bei einem Leerverkauf will ein Finanzinstitut (z.B. ein Hedgefonds) heute Aktien verkaufen, die es gar nicht besitzt. Dabei gibt es zwei Varianten: - den gedeckten Leerverkauf und - den nicht gedeckten Leerverkauf. Ein gedeckter Leerverkauf spielt sich z.B. wie folgt ab: Ein Hedgefonds erwartet, dass der Börsenkurs der Aktie einer Firma A innerhalb der nächsten drei Tage von bisher 100 € pro Stück auf 90 € pro Stück absinken wird. Deshalb möchte der Fonds heute 1000 Stück dieser Aktie zum Gesamtpreis von 100 000 € verkaufen. Da der Fonds aber diese Aktie gar nicht besitzt, wendet er sich an einen Broker oder einen Großinvestor und leiht sich von diesem 1000 Stück der Aktie für drei Tage. Hierfür bezahlt er eine Leihgebühr. Diese ausgeliehenen Stücke verkauft er nun zum aktuellen Kurs und erlöst 100 000 €. Drei Tage später kauft er an der Börse 1000 Stück dieser Aktie zum Kurs von 90 € und bezahlt insgesamt 90 000 €. Diese 1000 Stück Aktien gibt er dem Verleiher zurück und macht einen Brutto-Gewinn von l0 000 €, von welchem die Leihgebühr abzuziehen ist, um den Netto-Gewinn festzustellen. Allerdings ist dieses Geschäft für den Hedgefonds riskant. Denn wenn der Kurs der Aktie nicht - wie spekuliert - sinkt, sondern ansteigt, dann entsteht ein Verlust. Bei einem nicht gedeckten Leerverkauf verkauft der Hedgefonds die 1000 Stück Aktien, die er gar nicht besitzt, zum aktuellen Kurs von 100 € pro Stück und verpflichtet sich gegenüber dem Käufer, die 1000 Stücke nach drei Tagen zu liefern. Am dritten Tag kauft er die 1000 Stück Aktien zu 90 € pro Stück und liefert sie dem Käufer aus. Er hat 10 000 € Gewinn gemacht. Fallen in drei Tage die Aktien nicht, dann macht der  Hedgefonds Verluste. Riesige Spekulationen dieser Art, die nichts anderes sind als Kasinos, haben wesentliches zu der Entstehung und Verschärfung der Krise beigetragen.     2.3   Die Chronik der gegenwärtigen Krise     Die gegenwärtige Finanzkrise, die zunächst im Jahre 2008, hauptsächlich in den USA, sichtbar und spürbar gewordene ist, erreichte langsam durch den Einbruch des Welthandels die ganze Welt (siehe Tabelle 4). Sie begann 2007 mit einer Immobilienkrise in den USA, die zu einer Gefährdung einiger Banken nicht nur in den USA, sondern auch in Großbritannien und in Deutschland führte. Es folgten im Jahre 2008 der Einbruch der ersten Banken und ein starker Fall der Aktienkurse weltweit. Im Jahr 2009 brach der Welthandel nach Angaben der WTO um ganze 12 % ein, so stark wie seit 1945 nicht mehr. In Japan fielen die Exporte im Februar 2009 um 50%, und für den Vizeexportweltmeister Deutschland schrumpfte im Jahr 2009 der Außenhandel von über 15%.   Das BIP Deutschlands erfuhr im Jahr 2009 einen Rückgang von ca. 5%. In absoluten Zahlen bedeutet dies ca. 123 Mrd. € weniger als im Jahre 2008. Um diese Entwicklung einzudämmen, wurden Gegenmaßnahmen mit den ersten Rettungs- und Konjunkturpakete in Milliarden € beschlossen. Dennoch machte sich zunächst auch in Deutschland die Rezession insbesondere in der Automobilbranche bemerkbar. In den Monaten April und Mai 2009 begann eine dramatische Krise der Autoindustrie auch in den USA. Von den drei großen Automobilkonzernen mussten Chrysler und General Motors trotz massiver Subventionen durch die US-Regierung Insolvenz anmelden. Nur Ford konnte noch ohne Staatsgelder Widerstand gegen die Krise leisten. Auch der sonst gut florierende deutsche Maschinenbau mit ca. 900.000 Beschäftigten spürte massiv die Krise. Im April des Jahres 2009 registrierte der deutsche Branchenverband für Maschinen- und Anlagenbau einen Rückgang der Auftragseingänge von 58 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Der Verband rechnete für das ganze Jahr 2009 einen gesamten Rückgang von 10% bis 20%. Tatsächlich wurden es ca.15%. Dies war der stärkste Rückgang bei den Auftragseingängen in der Geschichte des Verbands. Auch die Umsätze sind um 19% zurückgegangen.     3.  Was könnte noch kommen?   Im schlimmsten Fall besteht bei einer Weltwirtschaftskrise, die außer Kontrolle gerät, die Gefahr der Massenentlassungen, der Deflation, möglicherweise auch der Inflation, der Depression und der massiven weltweit verbreiteten Armut. Die weiteren Folgen davon könnten zu einer massiven Umverteilung von Einkommen und Vermögen sowie der Wirtschaftsmacht zu ungunsten der ärmeren Schichten der Bevölkerung führen. Soziale Spannungen könnten entstehen. Im günstigsten Fall, was langsam zurzeit sichtbar wird, erholt sich – wegen der bereits anlaufenden massiven strukturellen und konjunkturellen Eingriffe der Staaten - die Weltwirtschaft relativ schnell, und ein extremer dramatischer Verlauf mit überdurchschnittlichen Entlassungen und mit verbreiteter Armut blieb aus. Dieser günstigste Fall, der zumindest für Deutschland Realität zu sein scheint,  wird allerdings dauerhaft werden, wenn neben den vorübergehenden massiven direkten Eingriffen der Staaten im Wirtschaftsprozess, auch eine Koordination der nationalen Kontrollinstanzen des Finanzsektors durch internationale Regulierungs- und Kontrollinstanzen sowie eine diesbezüglich schnelle internationale Einigung über eine für alle verbindliche Umsetzung zustande käme. Dadurch würde wieder Vertrauen in den nationalen und internationalen Finanzmärkten einkehren. Leider scheint die schnelle Einigung und die Umsetzung dieser Maßnahmen zurzeit das Problem zu sein. Die letzten Beschlüssen diesbezüglich in der Europäischen Union gehen in die richtige Richtung. Die unverantwortlichen Verzögerungstaktiken vieler Politiker, insbesondere der Britten, geben allerdings Anlass zur Sorge. Deshalb möchte ich mit einem Zitat von Einstein schließen, der das Verhalten der Menschen in diesem Zusammenhang treffend andeutete. Einstein soll gesagt haben: „Zwei Dinge sind in dieser Welt unendlich, das Weltall und die Dummheit der Menschen, nur bei dem Ersten bin ich allerdings nicht ganz sicher“. Eine Unsicherheit auch für das Zweite wäre für die Menschheit wünschenswert.     Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.  
Spiridon Paraskewopoulos @ Köln
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